Rezension: Tokyo Ghoul – Band 1 (Manga)

tokyo-ghoul-band-1-coverTokyo Ghoul gehört zu den erfolgreichsten Manga-Reihen der letzten Jahre. Seit Mai 2014 veröffentlicht Kazé Manga die Horror-Action rund um Ghule und auch 2014 war der erste Band einer der meistverkauften in Deutschland.

Der 18jährig Ken Kaneki ist ein einfacher Student im ersten Semester. Eher ruhig und als Liebhaber von Büchern, hat er wenig Erfolg bei Frauen. In Hide hat er allerdings einen guten Freund aus Kindheitstagen. Als Ken zufällig mit seinem Schwarm Liz ins Gespräch kommt, entdecken sie einige Gemeinsamkeiten, doch das anschließende Date nimmt einen anderen Verlauf als Ken vermutet hätte. Liz ist eine Ghula, ein Wesen, das sich von Menschenfleisch ernährt. Als Parallelgesellschaft leben die wie Menschen aussehenden Ghule versteckt in Tokyo. Angegriffen von Liz, rettet ein Unfall ihm das Leben. Schwerverletzt bekommt er Liz Organe eingesetzt und entwickelt im Anschluss Appetit auf Menschenfleisch.

Die Verwandlung

Wirklich neu ist die Grundgeschichte von Tokyo Ghoul nicht. Im Verborgenen leben Wesen, die sich von Menschen ernähren und somit eine Bedrohung darstellen. Allerdings sind die Ghule kein Geheimnis. Die Bevölkerung weiß von ihnen und in den Nachrichten wird über mögliche Morde durch Ghul-Angriffe berichtet. Deshalb beschäftigt das Thema zumindest ein wenig auch Ken und seinen besten Freund Hide. Allgemein baut Sui Ishida im ersten Band immer wieder kurze Szenen ein, in denen die Sicht der Menschen auf die Ghule dargestellt werden. Sei es durch Kens monsterartige Zeichnung oder eine Nachrichtensendung in der ein Experte über die Essgewohnheiten der Ghule spricht. Dadurch erfährt nicht nur der Leser mehr über die menschenfressenden Wesen, sondern auch Ken als Protagonist wird mit wichtigen Informationen versorgt.

Kens langsame Verwandlung, die durch Liz‘ Organe ausgelöst wird, erinnert ein wenig an Kafkas Die Verwandlung. Daran scheint sich Sui Ishida zumindest ein wenig orientiert zu haben, da er auch auf genau diese literarischen Klassiker verweist. Es passt außerdem gut zu Ken, da der 18jährige japanische Literatur studiert und ein regelrechter Büchernarr ist. Sui Ishida gelingt bei seinem Protagonisten eine gute Darstellung der Persönlichkeit. Eigentlich ist Ken eher ein Außenseiter, der kaum soziale Kontakte hat und sich gerne in den Welten seiner Bücher verliert. Dass ausgerechnet er in die Welt der Ghule gezogen wird, stellt der Mangaka gekonnt durch Verzweiflung, Unglaube, Widerwille und Ablehnung dar. Gleichzeitig wird deutlich wie wichtig es für Ghule ist zu essen. Hunger bedeutet für sie große Qualen und können sie in den Wahnsinn führen. Damit beeinflusst die Organtransplantation Ken auf vielerlei Art sowohl körperlich, seelisch als auch in seiner Persönlichkeit.

Ghul-Unterschiede

In vielen Geschichten um menschenfressende Wesen, die im Verborgenen leben, werden die Nicht-Menschen als Monster oder grausame Mörder dargestellt. Das trifft auf die Ghule in Tokyo Ghoul nur teilweise zu. Viel mehr handelt es sich bei der Gesellschaft der Ghule um eine eigene Kultur innerhalb der Menschenwelt. Ghule leben verborgen unter den Menschen. Es zeigt sich schnell, dass die Menschenfresser im Alltag vollkommen normal sind und nicht auffallen. Einige sind brutal und grausam. Sie leben ihr Ghul-Dasein im Verborgenen voll aus und genießen es Menschen zu töten und zu fressen. Doch es gibt auch andere. Jene, die ihre Identität als Ghul zwar nicht ablehnen, aber die Menschen nicht als bloßes Vieh ansehen. Damit wird bereits im ersten Band, der sich stark auf Ken und seine Entwicklung konzentriert, angedeutet, dass weit mehr hinter den Ghulen steckt, als man anfangs vielleicht annehmen mag. Letztlich wirken sie kaum anders als Menschen, nur dass sie Menschenfleisch essen und andere Nahrung nicht vertragen.

Es dürfte interessant sein, wie Sui Ishida diesen Aspekt der Ghul-Gesellschaft in den kommenden Mangas weiter ausbaut. Bereits im ersten Band wird deutlich, dass einige Ghule wie Toka wichtige Rollen einnehmen werden und somit eine Konzentration auf die Ghule an sich gelegt werden könnte. Mit Hide bleibt allerdings auch ein Mensch an Kens Seite erhalten, der einen anderen Blick auf die kommenden Ereignisse ermöglicht. Insgesamt stellt Tokyo Ghoul Band eins einen gelungenen Auftaktband dar, der exzellent in die Welt einführt, über die Ghule und die Art der Gesellschaft informiert und mit dem Ende den Beginn von etwas neuem ankündigt.

Bei den Zeichnungen kann Tokyo Ghoul im ersten Band nicht völlig überzeugen. Auf manchem Bild wirkt die Darstellung der Charaktere unschön oder die Bewegungsabläufe sind nicht immer nachvollziehbar. Doch das stört nur bedingt, da Ishidas Zeichenstil gut zum Manga passt und besonders im Charakterdesign sowie bei der Mimik zu überzeugen weiß. Außerdem gelingt es dem Mangaka die bisherigen Action-Einlagen dynamisch zu halten.

Fazit

Der Auftaktband von Tokyo Ghoul macht bereits deutlich, weshalb die Reihe so viele Fans für sich gewinnen konnte. Sui Ishida gelingt es eine interessante Parallelgesellschaft aufzuzeigen und gleichzeitig menschenfressende Wesen einzuführen, die ihrer Nahrung gar nicht so unähnlich sind. Es handelt sich um keine Monster und nicht alle von ihnen sind grausam und blutrünstig. Bereits früh wird deutlich, dass mancher Ghul einfach nur überleben möchte. Gerade durch Ken wird ein guter Einblick in die Welt der Ghule geboten, da der Student selbst diese auch noch nicht kennt und somit der Protagonist den selben Informationsstand hat wie der Leser selbst. Das ist zwar ein recht einfaches und häufig angewendetes Mittel, um an eine Geschichte heranzuführen, doch Sui Ishida setzt es ausgesprochen gut ein. Außerdem ist Kens Verzweiflung angesichts der Dinge, die mit ihm geschehen gut und glaubhaft dargestellt. Damit gelingt Sui Ishida ein guter Auftaktband, der Lust auf mehr macht und Interesse am Schicksal von Ken weckt.

Kurzfazit: Gelungener Auftaktband, der dank guter Charakterdarstellung, interessantem Setting und Horror-Action-Elementen unterhält.

Vielen Dank an Kazé Manga für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars vonTokyo Ghoul – Band 1!

Lesetipp: Rezension von Tokyo Ghoul – Vol. 1 (Blu-ray)
Lesetipp: Rezension von Tokyo Ghoul – Vol. 2 (Blu-ray)
Lesetipp: Rezension von Tokyo Ghoul – Vol. 3 (Blu-ray)
Lesetipp: Rezension von Tokyo Ghoul – Vol. 4 (Blu-ray)

Details
Titel: Tokyo Ghoul – Band 1
Genre: Action, Horror
Verlag: Kazé Manga
Autor/Zeichner: Sui Ishida
Seiten: 224
Preis: 6,95 €
ISBN: 978-2-88921-205-7
Verlagsseite: Tokyo Ghoul Band 1 bei Kazé Manga
Erscheinungsdatum: 02. Mai 2014

Bilder Copyright Kazé Manga