Rezension: Rogue Legacy 2 (Switch)
Eine Abenteurer-Dynastie stellt sich auf der Suche nach Geheimnissen im Rogue-lite Rogue Legacy 2 einem sich wandelnden Land.
Über neun Jahre nach dem ersten Teil und sieben Monate nach der Veröffentlichung für PC, Xbox Series X|S und Xbox One ist Rogue Legacy 2 für Nintendo Switch erschienen. Dabei fällt schon bei den ersten Minuten auf, dass sich die Version für die Hybrid-Konsole nicht vor den anderen Varianten verstecken braucht. Butterweiches Gameplay, eine flüssige Framerate und wunderschöne Comic-Grafik sorgen dafür, dass sich Rogue Legacy 2 auf der Switch fantastisch spielt und komplett entfalten kann. Größer und umfangreicher als der Vorgänger haben Cellar Door Games für Rogue Legacy 2 sämtliche Grundlagen angepasst und eines der besten und motivierensten Rouge-lites überhaupt entwickelt. Schon nach kurzer Zeit hat uns der witzige Plattformer mit Metroidvania-Anleihen in seinen Bann gezogen. Nur noch diese eine Runde, diesen einen Helden, diesen Abschnitt – oft haben wir uns dabei erwischt, einfach weiterzuspielen und nicht mehr von Rogue Legacy 2 loszukommen.
Geerbtes Abenteuer
Die Grundlagen von Rogue Legacy 2 sind dabei relativ simpel. Wie in vielen anderen 2D-Rogue-lites erkunden wir aus der Seitenansicht einen aus mehreren Räumen und Gebieten bestehenden Level, der sich bei jedem Betreten zufällig neu zusammensetzt. Und wir werden häufig neu anfangen, da der Tod zum Spielprinzip gehört. Schließlich schlüpfen wir anschließend nicht einfach in die Rolle unseres Charakters, sondern kehren als Nachfolger oder Nachfolgerin zurück. Wir erben die Pflichten unseres Vorfahren. Ein Kniff, den bereits der Vorgänger genutzt hat und der nun noch besser umgesetzt ist. Rogue Legacy 2 bietet uns nach jedem Ableben eines Charakters drei zufällige Helden oder Heldinnen zur Auswahl. Dabei spielt besonders die Klasse eine wichtige Rolle und hat Einfluss auf unsere Waffe. Schwert, Magie, Pistole, Lanze, Pfanne, Degen und allerlei mehr nutzen Ritter, Magier, Waldläufer, Walküren, Köche und all die anderen Berufe, die wir mit der Zeit freischalten.
Außer der Klasse verfügt jeder Charakter über ein Talent und einen Zauber. Auch diese können variieren, wobei die Talente meist mit der Profession des Abenteurers in Verbindung stehen. Noch größere Auswirkungen haben die Merkmale. Bis zu zwei davon können einen Helden auszeichnen und maßgeblichen Einfluss haben. Ob Farbenblindheit, Heldensyndrom, Gigantismus oder Pazifismus, wie sich unser Charakter spielt wird von den Merkmalen entscheidend mitbestimmt. Schließlich verzichten Pazifisten auf Waffen und ziehen stattdessen mit einem Protestschild in den Dungeon. Schaden können sie auch nicht zufügen. Hieran zeigt sich, dass einige Merkmale fast unsinnig sind und schon nach dem erstmaligen Ausprobieren keinen Spaß mehr machen – egal wie witzig sie sind. Aber glücklicherweise haben wir stets mehrere Charaktere zur Auswahl, so dass sich das nie wirklich auf den Spielspaß oder die Motivation auswirkt.
Reichlich Anpassungen
Haben wir uns für einen Helden oder eine Heldin entschieden, heißt es, den nächsten Durchlauf zu starten. Bevor wir aber in den Kampf ziehen, ist es sinnvoll, unser Geld auszugeben. Für die Überfahrt zum Schloss verlangt Fährmann Charon sämtliches Vermögen, das wir noch mit uns führen. Entsprechend viel davon wollen wir vorher natürlich ausgeben. Möglichkeiten dafür haben wir einige. An erster Stelle steht dabei unsere Burg, die als Fähigkeitenbaum fungiert. Hier investieren wir in verschiedene Boni wie mehr Lebenspunkte, erhöhte Attribute, neue Klassen oder Händler und Einrichtungen, die sich an den Docks niederlassen. Da mit jeder Verbesserung die Preise steigen, müssen wir genau darauf achten, was wir wann kaufen. Zudem werden wir einige Zeit benötigen, um den Fähigkeitenbaum zu komplettieren, was uns zusätzlich motiviert.
Es ist allerdings sinnvoll, nicht immer sämtliches Geld im Fähigkeitenbaum auszugeben. Besonders Schmied und Zauberin halten für uns wichtige Ausrüstungsgegenstände und Runen bereit. Zumindest, wenn wir zuvor die notwendigen Blaupausen und Runen gefunden haben. Waffen, Helme, Rüstungen, Umhänge und Amulette erhöhen unsere Attribute und lassen sich sogar verbessern. Zudem gibt es unterschiedlich hochwertige Sets, die bei gemeinsamer Ausrüstung auch noch Boni gewähren. Es ist offensichtlich, dass wir auch hier viel Geld und Zeit investieren können. Genau wie die Runen, die uns zu nützlichen Fähigkeiten wie höhere Manaregeneration pro Treffer oder Lebensregeneration pro besiegtem Gegner verhilft. Sogar die Anzahl unserer Luftsprints können wir mit der richtigen Rune erhöhen. Zusätzlich zu Geld benötigen wir bei Schmied und Zauberin die entsprechenden Ressourcen, die wir ebenfalls im Dungeon finden können. Weitere freischaltbare Einrichtungen ermöglichen uns etwa optionale Herausforderungen oder das Verhindern des Wandels, wodurch sich der Levelaufbau nicht verändert. Letzteres kostet uns aber eine steigende Gebühr, die merklich Einfluss auf unsere finanziellen Möglichkeiten hat.
Motivierendes Abenteuer
Haben wir uns ausreichend vorbereitet, überreichen wir Charon unser restliches Geld und lassen uns zum Dungeon fahren. Hier erkunden wir Raum für Raum, bekämpfen in rasanten, spaßigen Kämpfen Gegner, sammeln Geld und versuchen die Geheimnisse des Dungeons zu erkunden. Wichtig dabei ist, dass sich die verschiedenen Klassen merklich anders spielen. Während ein Ritter sein Schwert schwingt, können wir als Walküre mit unserem Speer nach vorne, oben, unten und hinten stechen. Ein Waldläufer hingegen greift auf einen Bogen zurück und wir müssen entsprechend zielen. Der Magier wirkt einen Zauber, der sich auf einer Linie ein Stück weit bewegt. Wir müssen unseren Spielstil immer wieder anpassen und dabei auch die Auswirkungen von Talent, Zauber und besonders Merkmalen berücksichtigen, wenn wir bestehen wollen. Dafür belohnt uns Rogue Legacy 2 mit stets wirklich unterhaltsamen Kämpfen, Erkundungen und zahlreichen Belohnungen.
Egal ob wir Geld finden, ein neues Dokument, das uns mehr zur Geschichte verrät, entdecken oder ein kleines Puzzle lösen, um eine Feentruhe freizuschalten, Rogue Legacy 2 schafft es, selbst mit Kleinigkeiten die Motivationskurve weiter anzutreiben. Zudem entdecken wir immer wieder Relikte, die für unseren aktuellen Spieldurchlauf besondere Effekte haben. Welche das sind, wissen wir erst nach erstmaligem Einsammeln. Entsprechend gut müssen wir uns überlegen, welche Relikte wir mit uns nehmen. Auch weil meist zwei zur Wahl stehen, wir aber nur eines einsammeln können. Zusätzlich wirkt sich jedes Relikt auf unsere Entschlossenheit aus. Wie hoch diese ist, hängt vom Gewicht unserer Ausrüstung ab. Sinkt die Entschlossenheit unter hundert Prozent, sinkt auch unsere maximale Lebensenergie, was massive Auswirkungen haben kann.
Geerbte Verbesserung
Noch wichtiger als Relikte oder Geld sind Erbstücke. Von diesen gibt es nur wenige, dafür haben sie einen dauerhaften Effekt. Vergleichbar sind sie mit Verbesserungen und Erweiterungen aus Metroidvania-Spielen. So erhalten wir etwa die Möglichkeit zum Luftsprint oder für einen Doppelsprung nur durch das entsprechende Erbstück. Diese zu finden reicht allerdings nicht aus. Stets müssen wir erst eine Prüfung bestehen, bevor das Erbstück uns anerkennt. Fordernd und abwechslungsreich, sorgen die Prüfungen für willkommene Abwechslung im Abenteureralltag.
Dank praktischer Teleporter können wir uns in dem mit der Zeit recht großen Dungeon schnell fortbewegen. Allerdings gilt auch hier: sterben wir, wird der Level neu aufgebaut und die Teleporter verlieren ihre Verknüpfung. Mit der Zeit haben wir jedoch die Möglichkeit, Teleporter für viel Geld dauerhaft freizuschalten. Ärgerlich nur, dass das ausschließlich im Dungeon geht. Wir müssen die notwendigen finanziellen Mittel bei einem Durchgang verdienen. Gar nicht so einfach. Das gilt auch für die Bosskämpfe. Egal ob Zwischenbosse oder Bosse, die großen Gegner verlangen von uns individuelle Strategien, Anpassung an neue Gegebenheiten und Geduld. Umso größer ist das Erfolgserlebnis, wenn wir endlich einen Kampf gewinnen – zumal Bosse nicht vom Wandel betroffen sind und auch nach unserem Tod bezwungen bleiben. Sehr schön und zusätzliche Motivation, alles zu versuchen, erfolgreich zu sein.
Anpassbarer Anspruch
Ist uns Rogue Legacy 2 irgendwann aber einmal zu schwer, dürfen wir die Herausforderung jederzeit anpassen. Hierfür dienen die Hausregeln, die uns zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten wie gegnerisches Leben, gegnerischer Schaden, Zeitlupe beim Zielen oder Kontaktschaden erlauben. Sogar die Entschlossenheitskosten lassen sich einstellen. Merkmale können wir deaktivieren. Auf diese Weise können wir uns den Abenteueralltag teilweise deutlich leichter, auf Wunsch aber auch schwerer machen. Sämtliche relevanten Werte können wir nicht nur senken, sondern auch erhöhen und somit dafür sorgen, dass wir uns einer größeren Herausforderung stellen müssen. Großartig und ein wirklich tolles System!
Wie bereits Eingangs erwähnt, sieht Rogue Legacy 2 nicht nur wunderschön aus, sondern läuft auf der Switch auch absolut flüssig. Das gilt sowohl für den Fernseher- als auch Handheld-Modus. Zu keiner Zeit sind uns irgendwelche Bildwiederholraten-Einbrüche oder Ruckler aufgefallen. Auch mit Bugs oder sonstigen Fehlern hatten wir nicht zu kämpfen. Stattdessen hat uns Rogue Legacy 2 mit der detailreichen Comic-Grafik und der zwar etwas abwechslungsarmen, aber stets stimmungsvollen Musik immer wieder aufs Neue in seinen Bann gezogen. Dazu gesellen sich die gut geschriebenen deutschen Texte, die oft vor reichlich Witz nur so strotzen. Allgemein setzt das Rogue-lite auf einen sehr ausgeprägten Humor. Über furzende Helden (dank Reizdarm-Merkmal!), auffindbare Pizza als Waffe bis hin zu vollkommen abgedrehten Charakteren wartet Rogue Legacy 2 mit allerlei Lustigem auf. Regelmäßig mussten wir beim Spielen schmunzeln und haben uns über die vielen witzigen Details gefreut. Das Spielerlebnis wird davon wunderbar ergänzt und abgerundet, sodass wir nur noch mehr Spaß mit Rogue Legacy 2 haben und einfach nicht aufhören können uns immer wieder aufs Neue ins Abenteuer zu stürzen.
Fazit
Rogue Legacy 2 ist das beste Rogue-lite, das ich jemals gespielt habe und zudem eines der besten Indie-Spiele des Jahres 2022. Schon nach wenigen Minuten hat mich der Action-Plattformer mit Metroidvania-Anleihen in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Egal wie oft ich sterbe, immer wieder fange ich mit einem neuen Helden von vorne an und stürze mich wieder ins Abenteuer. Dabei gelingt es Cellar Door Games, eine nahezu perfekte Balance auf Neuanfang und dauerhafte Verbesserungen zu finden. Selbst wenn ein Durchgang wenig Neues gebracht hat, hat mich das nie gestört. Stattdessen habe ich meine Erfahrung mitgenommen und mich erneut an der Herausforderung versucht. Dank der Hausregeln kann ich den Schwierigkeitsgrad zudem jederzeit an meine Bedürfnisse anpassen. Großartig! Die wunderschöne Comic-Grafik, eine erstklassige Switch-Portierung und der witzige Humor unterstreichen zusätzlich die hohe Qualität des Rogue-lites, das sich kein Genre-Fans entgehen lassen sollte.
Kurzfazit: Herausragendes Rogue-lite, das mit motivierendem Gameplay, anpassbarer Herausforderung, schöner Comic-Grafik und reichlich Humor viel Spielspaß garantiert und so schnell nicht mehr loslässt.
Vielen Dank an Cellar Door Games für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Rogue Legacy 2!
Details
Titel: Rogue Legacy 2
Genre: Rogue-lite, Plattformer, Action, Metroidvania
Publisher: Cellar Door Games
Entwickler: Cellar Door Games
Spieler: 1
Syteme: Switch (getestet), PC, Xbox Series X|S, Xbox One
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 09. November 2022
© Cellar Door Games, Inc.