Rezension: Root Film (Switch)
In Root Film geraten der Regisseur Rintaro „Max“ Yagumo und die Schauspielerin Riho unabhängig voneinander in Kriminalfälle.
Der Titel von Root Film legt es nahe, dass die Visual Novel in Verbindung mit Root Letter steht. Um eine direkte Fortsetzung handelt es sich bei dem zweiten Teil der Root-Reihe von Kadokawa Games allerdings nicht. Root Film erzählt eine neue Geschichte mit neuen Charaktere, bleibt dabei aber der seichten Mystery-Thematik sowie der Shimane-Präfektur treu. Hintergrund der Handlung sind die bevorstehende Wiederbelebung eines zehn Jahre zuvor eingestellten Mystery-TV-Dramas. Hauptfigur ist der junge, wenig erfolgreiche, aber mit Nachwuchspreisen ausgezeichnete Regisseur Rintaro „Max“ Yagumo, der gemeinsam mit seiner Assistentin Aine Magari versucht, die Geheimnisse hinter der Einstellung des ursprünglichen Projektes herauszufinden. In eigenen Kapiteln dürfen wir außerdem in die Rolle der Nachwuchsschaupielerin Riho schlüpfen, die gemeinsam mit ihrer Managerin Shoko Manabe in allerlei geheimnisvolle Ereignisse stolpert.
Klassischer Mystery-Krimi
Root Film ist ein relativ klassischer Vertreter der leichten Mystery- und Krimi-Unterhaltung. Die Geschichte ist in mehrere Parts und diese wiederum in Kapitel eingeteilt. Dadurch wird ein klarer Ablauf geschaffen, der die Handlung zudem in angenehmen kleinen Häppchen verteilt. Bereits hier ist zu erkennen, dass sich Root Film auch hervorragend für Visual-Novel-Einsteiger eignet. Wichtig dabei ist, das jeder Part eine eigene Geschichte erzählt, aber zugleich auch die größere Rahmenhandlung weitererzählt. So befassen wir uns im ersten Kapitel mit einer möglichen Geisteraufnahme auf einem verfluchten Videoband, das der Grund für die Einstellung des Mytery-TV-Drama-Projektes zehn Jahr zuvor war. Anschließend geraten Rintaro, Aine und das restliche Team von Studio Yagumo beispielweise in einen Mordfall, der sie nicht mehr loslässt.
Ähnliches gilt für Riho, deren ersten Part wir angehen dürfen, sobald wir den Einsteigsabschnitt von Root Film abgeschlossen haben. Auch die junge Schauspielerin kommt zufällig in Verbindung mit einem Todesfall und will diesen anschließend aufklären. Hier setzt Root Film auf das übliche Element, der Hobby-Detektive beziehungsweise von Zivilisten, die ohne Erlaubnis in Kriminalfällen ermitteln. Das dabei die üblichen Probleme des Genres – Konfronation mit der Polizei, fragwürdige Beweisführung, Überführung nur mit Behauptungen – aufkommen, stört die leichtgängigen Geschichten kaum. Dafür sind sie zu unterhaltsam und es macht zu viel Spaß, die sympathischen Charaktere auf ihrem Weg zu begleiten. Besonders die Interaktionen zwischen den Figuren verleihen ihnen, gemeinsam mit der erstklassigen japanischen Synchronisation Leben und Vielschichtigkeit. Kleinere Klischees oder Genre-Standards fallen dabei kaum auf.
Bedingte Freiheiten & besondere Kräfte
Wirklichen Einfluss auf die Geschichte können wir in Root Film zwar nicht nehmen, ein reines Abspulen von Texten erwartet uns aber auch nicht. Stattdessen dürfen wir regelmäßig über eine Karte verschiedene Orte aufsuchen. Welche dabei zur Verfügung stehen, hängt vom aktuellen Aufenthaltspunkt unserer Gruppe sowie der Handlung ab. Rintaro und Riho reisen im weiteren Verlauf der Visual Novel zwischen unterschiedlichen Städten der Shimane-Präfektur herum. Dabei haben die Entwickler auch viel Wert darauf gelegt historische und bedeutsame Orte wie Schreine, Tempel oder Burgen realitätsnah zu berücksichtigen. Japan-Fans erhalten hier einen schönen Einblick in die Präfektur und einige ihrer Sehenswürdigkeiten. Gleichzeitig wirft Root Film allerdings auch mit zahlreichen Begriffen und Namen der japanischen Geschichte, Folklore sowie des Shinto um sich. Eingängig ist das sicherlich nicht für jeden, aber unverständlich wird die Handlung deshalb nie. Trotz des relativ freien Reisens über die Karte, bleibt Root Film strikt linear. Um die Geschichte voranzubringen, müssen wir erst einige Ereignisse ausgelöst und die dafür nötigen Orte besucht haben. Zwar wird uns ein wenig Freiheit so nur vorgegaukelt, die nötige Auffrischung und Abwechslung wird dadurch aber trotzdem geboten.
Gelegentlich dürfen wir zudem an den besuchten Orten einige Punkte genauer untersuchen oder Personen ansprechen. Eine richtige Tatort-Untersuchung, wie etwa in der Ace-Attorney-Reihe, bleibt allerdings aus. Wir müssen uns sowieso alles oder zumindest einen wichtigen Punkt anschauen, um voranzuschreiten. Dennoch bietet diese Interaktionsmöglichkeit eine zusätzliche Auflockerung der sonst sehr text- und dialoglastigen Mystery-Krimi-Visual-Novel.
Der zweite große Gameplay-Aspekt sind die Synesthesia und der Max Mode. Beides steht direkt in Verbindung zueinander. Hören Rinataro oder Riho bestimmte Sätze, spüren sie, dass diese noch wichtig sein könnten. Mithilfe der zugrunde liegenden Fähigkeit Synesthesia, merken sie sich diese. Freiheiten haben wir dabei nicht. Sobald eine entsprechende Aussage fällt, wird das hervorgehoben und erst, wenn wir den zu merkenden Satz bestätigt haben, geht die Handlung weiter. Entsprechend haben wir auch keine Möglichkeit nachzuschauen, was sich Rinataro und Riho bisher gemerkt haben. Relevant werden die per Synesthesia gespeicherten Aussagen erst, wenn wir jemanden Konfrontieren und Befragen. Hier schaltet das Spiel in den sogenannten Max Mode. Rinataro beziehungsweise Riho versuchen nun die Wahrheit aus ihrem Gegenüber herauszubekommen. Dafür müssen wir die Person mit Hilfe der Synesthesia-Aussagen, die den beiden im Laufe des jeweiligen Handlungsparts aufgefallen sind, bedrängen. Spielerisch läuft das relativ simpel ab. Wir dürfen an bestimmten Stellen lediglich zwischen einigen wenigen Sätzen wählen. Liegen wir richtig, geht der Balken am oberen Bildschirmrand ein Stück nach rechts, liegen wir falsch, wandert dieser nach links. Doch egal wie weit sich die Lage verschiebt, nach drei richtigen oder falschen Schlussfolgerungen endet der Max Mode und wir sind entweder erfolgreich oder gescheitert. Wirklich schwer gestaltet sich das aufgrund der begrenzten Auswahlmöglichkeit und der oft eindeutigen Antwort jedoch nicht. Eine willkommene Abwechslung ist der Max Mode aber in jedem Fall.
Schicke Zeichnungen, atmosphärische Musik
Optisch trumpft Root Film besonders mit den detailreichen Charakteren und Hintergründen auf. Wirkliche Animationen bleiben zwar aus, dafür dürfen wir regelmäßig einige wunderschöne Zeichnungen bewundern. Diese stellen wichtige Momente dar oder zeigen die Charaktere bei ihren aktuellen Handlungen. Zusätzlich werden die Figuren gerne in den nicht weniger schicken Hintergründen platziert, um darzustellen, wo sie sich befinden. Dadurch vermeidet Root Film zusätzliche Erzähltexte und kann sich auf die gut geschriebenen Dialoge und Gedankengänge konzentrieren. Das lockert die Visual Novel zusätzlich auf und verleiht dem optischen Aspekt mehr Gewicht. Untermalt wird Root Film von einem oft angenehmen, stets passenden und durchaus auch atmosphärischen Soundtrack, der meist gut zur Geschichte passt. Trotz kleinerer Fehler überzeugen auch die englischen Texte, die jedoch entsprechende Sprachkenntnisse voraussetzen. Die japanische Synchronisation ist, wie bereits erwähnt, hervorragend und trägt viel zur Stimmung und Charakterdarstellung bei. Das rundet den audiovisuell hochwertigen Eindruck von Root Film wunderbar ab und zeigt, dass die Visual Novel sowohl bei der Geschichte als auch in der Umsetzung überzeugen kann.
Fazit
Root Film hat zwar einen Moment gebraucht, um mich mit der spannenden Mystery-Krimi-Geschichte zu packen, sobald ich aber tiefer in die Visual Novel eingetaucht bin, hat sie mich nicht mehr losgelassen. Dank der Einteilung in Parts und Kapitel werden die einzelnen Geschichten schön präsentiert und erhalten kleine Verschnaufspausen. Zwar bewegt sich Root Film eindeutig im eher seichten Mystery-Krimi-Bereich und setzt auf bekannte Genre-Standards, der Handlung schadet das jedoch zu keiner Zeit. Zu verdanken ist das auch den sympathischen, vielschichtigen Charakteren, die ich schon nach kurzer Zeit ins Herz geschlossen hatte, sowie ihre Interaktion miteinander. Besonders Rinataro und Aine beziehungsweise Riho und Shoko haben jeweils ein wunderbares Verhältnis zueinander, das für so manch witzigen, aber auch starken Charaktermoment sorgt. Die kleinen Gameplay-Elemente, allen voran das Bereisen verschiedener Orte sowie die Befragung von Personen, bringen zudem nötige Abwechslung. Visual-Novel-Fans dürften an Root Film deftiniv ihre Freude haben und auch Neueinsteiger in diese Art von Spielen könnten Gefallen an der Krimi-Mystery-Geschichte finden.
Kurzfazit: Spannende Mytery-Krimi-Visual-Novel, die mit ihrer leichtgängigen Geschichte, den vielschichtigen, sympathischen Charakteren und genau der richtigen Portion Abwechslung angenehme Genre-Unterhaltung bietet.
Vielen Dank an PQube für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Root Film!
Details
Titel: Root Film
Genre: Visual Novel
Publisher: PQube
Entwickler: Kadokawa Games
Spieler: 1
Syteme: Switch (getestet), PlayStation 4
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 19. März 2021
© Kadokawa Games / Published by PQube Ltd.