Rezension: Immortals Fenyx Rising (PS5)
Die griechische Götterwelt ist in Immortals Fenyx Rising in Gefahr und wartet mit viel Witz auf Rettung durch Fenyx.
Wie sollte ein Test zu Immortals Fenyx Rising anders anfangen als mit der Erwähnung des ursprünglichen Namens? Auf der E3 2019 als Gods & Monsters angekündigt, erhielt das Action-Adventure nach einer Verschiebung den neuen Namen. Mittlerweile ist das neue Spiel von Ubisofts Assassin’s-Creed-Odyssey-Teams erschienen und beweist, dass es sich nicht um einen simplen Klon von The Legend of Zelda: Breath of the Wild handelt. Vielmehr präsentiert sich Immortals Fenyx Rising als überaus spaßiges Action-Adventure, das sich weder vor dem großen Vorbild noch vor Ubisofts Assassin’s-Creed-Reihe oder anderen Genre-Vertretern zu verstecken braucht.
Griechische Götter in Not
In Immortals Fenyx Rising ist die griechische Götterwelt in Gefahr. Der monströse Typhon hat sich befreit, die Götter bezwungen und die Goldinsel unter seine Kontrolle gebracht. Hilfesuchend wendet sich Zeus an den angeketteten Prometheus, der dem Göttervater schließlich die Geschichte von Fenyx erzählt und wie diese einfache Schildträgerin (oder wahlweise auch Schildträger) die Götter befreit und Typhon aufhalten kann. Bereits bevor wir als Fenyx die goldene Insel erkunden und durch die Länder der Götter streifen, wird deutlich, dass Immortals Fenyx Rising auf eine ordentliche Portion Humor setzt. Die ersten Gespräche von Zeus und Prometheus sind mit allerlei Witz versehen und stellen die bekannte griechische Mythologie in einem neuen, amüsanten Licht dar. Damit nicht genug kommentieren die beiden regelmäßig das Geschehen des Open-World-Action-Adventures. Diese lockeren, humorvollen Dialoge sind es, die meist Details zu den Orten, die wir entdecken oder Wesen auf die wir treffen liefern. Dadurch fühlen wir uns noch mehr als sowieso schon, in die Welt hineingezogen und erfahren zumindest oberflächlich etwas über die griechische Mythologie – wenn auch stets mit einem Hauch Humor.
Haben wir in einem rudimentären Charaktereditor, auf den wir relativ früh im Spiel jederzeit wieder zugreifen können, Aussehen und Geschlecht von Fenyx bestimmt, erwachen wir schiffbrüchig an einem Strand. Als einfache Schildträgerin (wir haben uns für eine weibliche Fenyx entschieden), beginnen wir die Suche nach unseren Kameraden. Allerdings müssen wir feststellen, dass sie genauso wie unser heldenhafter Bruder, von einem Fluch getroffen und versteinert wurden. Die Ereignisse führen schließlich dazu, dass wir Hermes dabei helfen, die von Typhon bezwungenen Götter zurückzuholen, um die monströse Bedrohung bezwingen zu können. Dafür erkunden wir eine schön gestaltete, farbenfrohe, lebendige und faszinierende offene Welt, die uns mit allerlei optischer Abwechslung aber auch Aufgaben zum Erkunden und Verweilen einlädt. Tatsächlich bietet Immortals Fenyx Rising eine der besten Ubisoft-Open-Worlds seit langem. An jeder Ecke wartet etwas auf uns. Immer wieder stolpern wir über Rätsel, Kisten und allerlei mehr und bekommen dabei fast nie das Gefühl, einfach nur die typischen Open-World-Punkte auf der Karte abzuhaken.
Lockerflockiger Spielfluss
Zu verdanken ist dieses großartige Open-World-Gefühl vor allem dem angenehmen Spielfluss. Schon früh entwickelt sich ein spaßiger Fluss aus Erkundung, Kämpfen und Rätseln. Nie wird uns langweilig, nie fühlt sich etwas überflüssig oder streckend an und nie haben wir wirklichen Leerlauf – und das obwohl Immortals Fenyx Rising auf Nicht-Spieler-Charakter verzichtet. Lediglich während der Geschichte begegnen wir diversen Figuren, ansonsten ist die goldene Insel rein von Tieren und Monstern bewohnt. Wenige Ausnahmen in Form von Soldaten bleiben bloße Statisten mit denen wir nicht interagieren können. Negativ ist das aber nicht. Im Gegenteil wirkt die Spielwelt dadurch noch glaubhafter und der Spielfluss wird niemals richtig unterbrochen. Stattdessen erhalten wir Nebenaufgaben, wenn wir einen bestimmten Ort entdecken. Zeus und Prometheus erzählen etwas dazu und prompt haben wir die Aufgabe mehr darüber herauszufinden. Weshalb? Einfach um Fenyx und damit unsere Neugier zu befriedigen und eine Belohnung zu erhalten.
Natürlich reicht die offene Welt nicht aus, um den Spielfluss zu erzeugen. Aber wirklich alles an Immortals Fenyx Rising trägt zum großartigen Gefühl des Action-Adventures bei. Rennend, gleitend oder reitend durchstreifen wir die goldene Insel. Das mag alles nicht neu sein und haben wir in Spielen wir Assassin’s Creed oder vor allem The Legend of Zelda: Breath of the Wild bereits ähnlich oder fast genauso erlebt, aber in Immortals Fenyx Rising macht bereits das bloße Erkunden unglaublich viel Spaß. Unterstützt wird das von den unterhaltsamen Action-Kämpfen, den gut in die Welt eingebundenen Rätseln, der stetigen Weiterentwicklung ohne Rollenspielsystem und der angenehmen Wohlfühl-Atmosphäre des wunderschönen mit zauberhafter Musik unterlegten Cel-Shading-Abenteuers.
Flüssige Kämpfe
Wie bereits erwähnt setzt Immortals Fenyx Rising auf Action-Kämpfe. Diese laufen überaus schnell ab und entwickeln, wie der Rest des Spiels, einen unglaublich motivierenden und spaßigen Spielfluss. Wir reihen leichte und starke Angriffe aneinander, weichen aus, parieren, springen und setzten die glücklicherweise überschaubaren göttlichen Kräfte ein. Das bereitet uns soviel Freude, dass wir Gegnern oft selbst dann nicht aus dem Weg gehen, wenn wir sie eigentlich nicht bekämpfen müssten – und das obwohl wir keine Erfahrungspunkte sammeln. Stattdessen erhalten wir gelegentlich Adamantsplitter, die wir zum Verbessern unserer Ausrüstung und Erhöhen unserer Tragekapazität von Tränken und Pfeilen benötigen.
Da Feinde nicht stärker werden, können wir einfache Standardgegner irgendwann mit wenigen Schlägen bezwingen. Um dem entgegen zu wirken, erwarten uns stärkere Varianten sowie größere Monster, doch selbst legendäre oder mythologische Gegner sind irgendwann keine allzu große Herausforderung mehr – zumindest wenn wir unsere Ausrüstung ausreichend verbesser haben. Dennoch müssen wir in den Kämpfen aufpassen, da wir uns bei zu viel Unachtsamkeit schnell Treffer einhandeln und manchmal früher sterben, als wir geahnt hätten. Mehrere jederzeit wechselbare Schwierigkeitsgrade ermöglichen es jedem die passende Herausforderung zu finden.
Göttliches Rätseln
Neben den Kämpfen sind es besonders die Rätsel, die Immortals Fenyx Rising auszeichnen. Immer wieder stolpern wir in der offenen Spielwelt auf kleine oder größere Knobelaufgaben. Sei es um den Weg zu einer Truhe freizulegen oder Charonsmünzen, mit denen wir unsere Fähigkeiten in rudimentären Skillbäumen verbessern können, zu erhalten. Dabei setzt das Action-Adventure auf bekannte Mechaniken. Mal müssen wir Schalter mit dem richtigen Gewicht belasten, mal Kisten oder Kugeln verschieben oder mit Pfeilen Fackeln entzünden oder Schalter betätigen. Neu mag das nicht sein, aber wie bei allem anderen gilt, dass Immortals Fenyx Rising die Rätsel hervorragend umsetzt und zu motivieren weiß. Wir haben uns sogar dabei erwischt, dass wir nur noch diese eine Aufgabe lösen wollten, nur noch dieses Rätsel, um die eine Truhe, in denen oft neue Ausrüstung und Waffen oder Skins für diese warten, zu knacken. Dadurch haben wir manchmal länger gespielt, als wir es vorhatten und mussten uns mit Mühe von der Konsole losreißen. Viel besser kann es nicht sein.
Damit nicht genug, warten auf der Goldinsel zahlreiche Spalten in den Tartaros auf uns. Zu vergleichen sind diese mit den Schreinen aus The Legend of Zelda: Breath of the Wild. In den Tiefen erwarten uns also unterschiedliche Aufgaben, deren Lösung uns einen Blitz des Zeus einbringt. Diese benötigen wir wiederum, um unsere Ausdauer zu verbessern. Für Gesundheitsverbesserungen sammeln wir Ambrosia. Die Tartaros-Gewölben fallen angenehm abwechslungsreich aus. Neben Arenen mit unterschiedlicher Schwierigkeit erwarten uns die unterschiedlichsten Rätsel- und Geschicklichkeitsaufgaben in denen wir all unser Können und unsere gelernten Fähigkeiten benötigen – und damit meinen wir nicht nur die Ingame-Fähigkeiten, sondern auch, was wir selbst bei Steuerung und Möglichkeiten beherrschen. Wir lenken Pfeile zum Ziel, lösen Schiebe- und Schalterrätsel, müssen mit unseren Schwingen zwischen Laserstrahlen entlang gleiten oder springen von Plattform zu Plattform. Das macht genauso wie der Rest von Immortals viel Spaß und weiß zu motivieren. Etwas umfangreicher als die überschaubaren, aber teils herausfordernden Tartaros-Spalten sind die in die Geschichte eingebauten Dungeons. Diese sind ähnlich den Spalten, fallen aber umfangreicher auf und warten am Ende mit einem Bosskampf. Um den Göttern zu helfen müssen wir diese absolvieren. Tatsächlich sind bei uns hierbei Erinnerungen an die The-Legend-of-Zelda-Reihe aufgekommen – und das im besten Sinne.
Heldentum und Schönheit
Wie bereits erwähnt, können wir mit Ambrosia unsere Gesundheit und mit Zeus‘ Blitzen unsere Ausdauer verbessern. Letztere benötigen wir um unsere Fähigkeiten in Kämpfen einzusetzen, mit unseren Schwingen zu gleiten oder überall hochzuklettern. Neben den ebenfalls bereits erwähnten Investitionen von Charonsmünzen in die beiden Fähigkeitenbäumen, können wir in der Halle der Götter, die als unser Hauptquartier fungiert, auch unsere Ausrüstung verbessern. Allerdings müssen wir dafür nicht jede Waffe oder Rüstung einzeln aufwerten. Stattdessen verwenden wir die gefundenen Adamantscherben um die jeweilige Gruppe insgesamt zu stärken. Heißt, alle Schwerter, Äxte, Bögen, Helme und Rüstungen werden zusammen aufgelevelt. Entsprechend sind Angriffswerte der Waffen und Verteidigunswerte der Rüstung stets gleich. Dafür unterscheidet sich die Ausrüstung bei den Boni, die viel Einfluss auf unser Spielgefühl haben können. Am Kessel von Kirke dürfen wir außerdem Tränke brauen, sofern wir die nötigen Zutaten haben und die Wirkung von diesen verbessern. Neben klassischen Heil- und Ausdauertränken gibt es außerdem einen Angriffs- und einen Verteidigungstrank. Überschaubar und genau richtig so. Allgemein hält sich Immortals Fenyx Rising angenehm zurück und setzt nur auf das Nötigste. Genug zu sammeln gibt es in Form von Waffen, Rüstungen, Helmen, Reittieren, Schwingen- und Phosphorskins (letzterer ist unser Vogel, der uns ab einem bestimmten Punkt im Spiel begleitet) trotzdem.
Optisch präsentiert sich Immortals Fenyx Rising als wunderschönes Cel-Shading-Abenteuer mit farbenfroher Comicgrafik. Egal ob Charakter oder Landschaften, alles fügt sich zu einem gelungenen Bild zusammen. Dabei wissen die abwechslungsreichen Gebiete der goldenen Insel zu verzaubern und werden von genau den richtigen, schönen musikalischen Klängen untermalt. Licht- und Schatten- sowie Partikeleffekte zeigen zudem die technisch gelungene Seite des griechischen Heldenepos, das auf der PlayStation 5 zudem knackscharf daherkommt und absolut flüssig läuft. Wahlweise natürlich im Performance- oder Qualitätmodus. Abgerundet wird Immortals Fenyx Rising von einer meist sehr guten deutschen Synchronisation. Die Sprecher hauchen den Charakteren Leben ein, verleihen ihnen Eigenheiten und haben großen Anteil am funktionierenden, wenn auch manchmal etwas simplem Humor, der Immortals Fenyx Rising den letzten Schliff zu soviel Charme verleiht.
Fazit
Auf den ersten Blick wirkt Immortals Fenyx Rising wie ein Klon von The Legend of Zelda: Breath of the Wild. Das ist zwar nicht gänzlich von der Hand zu weisen, aber das Action-Adventure ist so viel mehr. Allen voran ein überaus spaßiges und motivierendes Open-World-Spiel bei dem alles ineinandergreift und für ein charmantes, humorvolles Abenteuer sorgt. Egal ob Erkundung, Kämpfe oder Rätsel, alles funktioniert so gut, dass es mir manchmal schwergefallen ist, mich vom aufkommenden Spielfluss nicht fesseln zu lassen und vom Spiel wieder zu lösen. Etwas, das nicht viele Spiele schaffen. Dank der grandiosen offenen Welt mit all ihren Details, der humorvollen, interessanten Geschichte und den sympathischen Charakteren, setzt sich Immortals Fenyx Rising ohne Probleme vom großen Vorbild ab und stellt sich mit diesem auf eine Stufe. Fenyx Abenteuer ist nicht einfach nur eine Überbrückung bis der Breath-of-the-Wild-Nachfolger erscheint, sondern viel mehr. Action-Adventure-Fans mit einem Faible für offene Welten sollten sich Immortals Fenyx Rising genauso wenig entgehen lassen – unabhängig davon, ob ihr nun ein neues Breath of the Wild oder nur einen spaßigen Genre-Vertreter sucht. Immortals Fenyx Rising ist für mich die bisher wohl größte Überraschung des Jahres und Anwärter auf eines der besten Spiele 2020.
Kurzfazit: Charmantes, großartiges Action-Adventure mit motivierender Open World, viel Witz, spaßigem Gameplay und einem fesselnden, angenehmen Spielfluss – eine der Überraschungen des Jahres!
Vielen Dank an Ubisoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Immortals Fenyx Rising (PS5)!
Details
Titel: Immortals Fenyx Rising
Genre: Action-Adventure
Publisher: Ubisoft
Entwickler: Ubisoft Quebec
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet), PlayStation 4, Xbox Series X/S, Xbox One, Nintendo Switch, PC
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 03. Dezember 2020
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