Rezension: Human Lost
In einer düsteren Zukunft, die von einem gesellschaftlichen Gesundheitssystem bestimmt wird, hängt die Zukunft in Human Lost von Youzou ab.
Dank einer Reihe bahnbrechender Gen- und Nanotechnologien, liegt die Lebenserwartung im Tokyo des Jahres 2036 bei über einhundertzwanzig Jahren. Dem S.H.E.L.L.-System ist es möglich, jegliche Krankheit sofort zu heilen. Sogar tödliche Verletzungen und Wiederbelebung sind dank des naonmaschinellen Netzwerkes kein Problem. Allerdings geben alle mit S.H.E.L.L. verbundenen Menschen einen Teil ihrer Kontrolle an die Gesundheitsveraltung ab und steht immer in Verbindung mit dem Netzwerk. Wer die Verbindung verliert, verwandelt sich in ein Lost genanntes Monster, das von einer Spezialeinheit der Sicherheitskräfte beseitigt wird. Unter Führung von Masao Horiki beginnen Takeichi und seine Freunde einen Aufstand, um sich gegen das System zu stellen. Unter ihnen ist auch der nachdenkliche Künstler Youzou Oba, der noch nicht ahnt, dass der Angriff sein Leben verändern und seine wahre Natur hervorbringen wird.
Ungenutztes Potenzial
Human Lost adaptiert den Roman Ningen Shikaku (dt. Gezeichnet) von Dazai Osamu und erzählt von einer dystopischen Zukunft in der das Gesundheitssystem und ein langes Leben über allem stehen. Sogar ein selbstgewählter Tod wird verwehrt und so kontrolliert das alles überwachende S.H.E.L.L.-System die Gesundheit aller Menschen von Tokyo im Jahr 2036. Eine durchaus gelungene Grundlage für den Film von Afro-Samurai-Regisseur Fuminori Kizaki und Drehbuchautor Tow Ubukata (u.a. Ghost in the Shell: Arise). Leider wird das anfangs zu erahnende Potenzial nicht ausgenutzt. Nach einem actionreicheren Anfang, der zeigt, wie sich ein Mensch in einen Lost verwandelt, zeigt Human Lost deutlich wie mächtig das S.H.E.L.L.-System ist. Auch hier kann der Science-Fiction-Action-Film noch überzeugen, verliert sich anschließend aber in einem zu flachen Handlungsaufbau und weitgehend blass bleibenden Charakteren.
Das ist besonders angesichts der schönen 3D-Computeranimationen, die eine düstere Zukunftswelt zeichnen bedauerlich. Atmosphärisch überzeugt Human Lost von Anfang bis Ende. Die Stimmung der dystopischen Science-Fiction-Geschichte ist enorm dicht und schafft es, die Gefühle der Akteure zu vermitteln. Wirklich zufrieden mit dem Stand der Gesellschaft wirken nur wenige und so ist es wenig überraschend, dass diese sich an einem Wendepunkt befindet. Wohin wird sich die Menschheit entwickeln? Was bringt die Zukunft? Obwohl diese Fragen für ein wenig Tiefe sorgen und eine wichtige Rolle spielen, wird Human Lost zu keiner Zeit wirklich nachdenklich oder philosophisch. Dafür bleibt die Geschichte insgesamt zu sehr in bekannten Genre-Mustern. Ein möglicherweise auserwählter Protagonist, eine süße, überaus freundliche und hoffnungsvolle Protagonistin und ein finsterer Antagonist mit einem durch seine Vergangenheit begründeten Hass auf das System. Alles wirkt irgendwie vertraut und lediglich etwas neu arrangiert. Sogar die Lost stechen nicht wirklich hervor.
Deshalb ist Human Lost aber kein schlechter Film. Die Action-Szenen sind ordentlich inszeniert, die Handlung erzeugt einen durchaus unterhaltsamen Erzählfluss und die Charaktere funktionieren trotz Klischees ausreichend. Auf richtige Sympathieträger muss jedoch weitgehend verzichtet werden. Immerhin sind die Hauptfiguren nicht unsympathisch und es fällt leicht mit ihnen zu fiebern. Das trifft besonders auf Yoshiko Hiragi zu, was ihrer Unschuld und ihrem Traum zu verdanken ist. Es ist schade, dass der Film so viel offensichtlich vorhandenes Potenzial verschenkt. Ein vermeintlich schützendes Gesundheitssystem, eine gefährliche Droge, ein resignierter und vom Leben ermüdeter Protagonist, eine Protagonistin mit hoffnungsvollen Zukunftsträumen und sogar eine zweifelhafte Elite bieten viele Möglichkeiten, die jedoch zum Großteil nicht genutzt werden. Die Geschichte läuft nicht einmal auf einen zufriedenstellenden Abschluss hinaus. Obwohl das letzte Drittel durchaus konsequent ist und sogar mit einer Wendung überraschen kann, bleiben Finale und Ende unbefriedigend. Als kurzweilige Science-Fiction-Action-Unterhaltung ist Human Lost trotzdem geeignet. Zumindest, wenn die Erwartungen nicht zu hoch sind und lediglich Genre-Kost ohne allzu großen Anspruch für zwischendurch gesucht wird.
Fazit
Von Human Lost habe ich nicht viel mehr als dystopische Science-Fiction-Action-Unterhaltung erwartet. Dennoch hat mich der Film ein klein wenig enttäuscht. Blasse Charaktere, eine nicht immer zufriedenstellende Geschichte, übliche Genre-Standards und ein unbefriedigendes Ende haben mich etwas ernüchtert zurückgelassen. Schlecht ist Human Lost nicht. Tatsächlich hat mich der Film sogar relativ gut unterhalten. Aber auf der anderen Seite bleibt zu viel Potenzial ungenutzt. Gerade die dystopische Gesellschaft und die Charaktere hätten so viele Möglichkeiten geboten. Stattdessen wird auf Klischees und Stereotypen gesetzt, die manchmal sogar etwas zu aufgesetzt wirken. Schade, da Human Lost mit seinen schicken 3D-Computeranimationen eine stimmungsvolle düstere Science-Fiction-Welt erschafft. Zumindest als kurzweilige Genre-Kost kann Human Lost trotzdem funktionieren. Zu viel sollte aber nicht erwartet werden und wirklich lange im Gedächtnis bleibt der Film ebenfalls nicht. Gerade aufgrund der erfolgreichen und beliebten Roman-Vorlage von Dazai Osamu ist es bedauerlich, dass das Potenzial nicht besser genutzt wurde.
Kurzfazit: Dystopischer Science-Fiction-Action-Film, der auf allerlei Genre-Standards setzt und trotz schicker Animationen mit blassen Charakteren und oberflächlicher Geschichte hinter den Möglichkeiten zurück bleibt.
Vielen Dank an Leonine Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Human Lost!
Details
Titel: Human Lost
Originaltitel: Human Lost
Genre: Science-Fiction, Action
Regie: Fuminori Kizaki
Studio: Polygon Pictures
Produktionsjahr: 2019
Laufzeit: ca. 109 Minuten (Blu-ray), ca. 105 Minuten (DVD)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 21. August 2020
Herstellerseite: Human Lost bei Leonine Anime
©2019 HUMAN LOST Project