Rezension: Der Junge und der Reiher
Der elfjährige Mahito zieht in Der Junge und der Reiher von Tokio zur neuen Frau seines Vaters auf ein riesiges Landgut, das ein großes Geheimnis birgt.
Bei einem Brand im Krankenhaus zur Zeit des Zweiten Weltkriegs hat Mahito seine Mutter verloren. Ein Jahr später zieht der Elfjährige mit seinem Vater zu dessen neuer Frau Natsuko, der jüngeren Schwester von Mahito Mutter, in ein altes Herrenhaus. Dieses befindet sich auf einem riesigen, isolierten Landgut, das ein großes Geheimnis birgt. Dort begegnet Mahito einem ungewöhnlichen Graureiher, der hartnäckig seine Näher sucht und ihn immer wieder zu einem alten, mysteriösen Turm auf dem Anwesen lockt. Als Mahito, von seiner Trauer und seinem neuen Leben belastet, eine schwere Entscheidung treffen muss, stolpert er in ein großes Abenteuer, das ihn mit dem Leben selbst konfrontiert.
Geheimnisvoller Graureiher
Zehn Jahre nach Wie der Wind sich hebt, ist Der Junge und der Reiher als neuer Film von Regisseur Hayao Miyazaki und Studio Ghibli im Juli 2023 in japanischen Kinos gestartet. Um möglichst wenig zu dem Film im Vorfeld zu verraten, wurde auf Trailer und Bilder weitgehend verzichtet. Nach einem Drehbuch und einer Idee von Hayao Miyazaki, erzählt Der Junge und der Reiher die Geschichte des elfjährigen Mahito Maki, der seine Mutter zur Zeit des Zweiten Weltkriegs bei einem Brand im Krankenhaus verloren hat. Ein Jahr später verlässt er mit seinem Vater Tokio und zieht auf das Landgut seiner Tante, die auch seine Stiefmutter ist. Nach einem dramatischen Einstieg, der bereits die erstklassige Inszenierung des Fantasy-Abenteuer-Dramas zeigt, setzt Der Junge und der Reiher auf viel Ruhe.
Langsam werden Mahito und die weiteren wichtigen Charaktere, darunter seine Tante Natsuko, sein Vater Shouichi, die Hausbediensteten und der Graureiher ausführlich vorgestellt. Diese Zeit wird auch genutzt, um Mahitos Situation genauer zu beleuchten und zu verdeutlichen, dass er den Verlust seiner Mutter noch nicht verarbeitet hat und auch die neue Frau an der Seite seines Vaters skeptisch sieht. Außerdem wird auf die Geheimnisse des Anwesens und den mysteriösen Turm, den Mahitos Urgroßonkel erbaut haben soll, eingegangen. Es dauert etwas, bis die fantastischen Elemente in den Vordergrund rücken, doch bis dahin ist Der Junge und der Reiher genauso spannend und faszinierend wie anschließend.
Nachdenkliches Abenteuer
Natürlich soll nicht zu viel verraten werden, weshalb auf die Fantasy-Elemente nur bedingt eingegangen wird. Diese erinnern an andere Hayao Miyazaki Filme wie Chihiros Reise ins Zauberland, präsentieren sich aber zugleich sehr eigenständig. Zudem sind sie eng mit der Handlung, die sich mit den Geheimnissen des Lebens, Mahitos Trauerbewältigung und der Akzeptanz von Veränderungen befasst. Gefühlvoll, ruhig und zugleich erstklassig inszeniert und erzählt, fasziniert Der Junge und der Reiher durchgehend. Dazu tragen auch die fantasievollen Umgebungen, großartig geschriebenen Charaktere und die enorme Abwechslung sowie die erstklassige, zauber- und märchenhafte Atmosphäre bei. Hier wird die bekannte Studio-Ghibli-Magie geweckt, wodurch sich Der Junge und der Reiher perfekt in die Reihe von Hayao Miyazakis bisherigen Filmen einfügt. Ein Anime-Meisterwerk, das sich niemand entgehen lassen sollte.
Dazu tragen auch die gewohnt hochwertigen, malerischen und lebendigen Animationen sowie Zeichnungen bei. Der Junge und der Reiher setzt auf den bekannten, wunderschönen Studio-Ghibli-Stil, wodurch der Film sofort als Werk des legendären Anime-Studios zu erkennen ist, ohne an Individualität einzubüßen. Vielmehr zeigt sich daran die hohe Qualität, in der die Geschichte von Mahito animiert und gezeichnet ist. Detailreiche, fantasievolle und märchenhafte Landschaften gehen Hand in Hand mit lebhaft animierten Charakteren, die erstklassig auf deutsch vertont sind. Die ruhige, faszinierende und stimmungsvolle Atmosphäre wird von der großartigen Musik von Komponist Joe Hisashi hervorragend unterstrichen. Diese rundet das einmalige Anime-Film-Erlebnis zusätzlich ab.
Fazit
Viel zu lange habe ich gewartet, mir Der Junge und der Reiher anzusehen. Nachdem ich die Gelegenheit hatte, den neuen Film von Hayao Miyazaki endlich nachzuholen, bin ich von dem Fantasy-Abenteuer-Drama fasziniert. Die ruhig erzählte Geschichte von Mahito ist fantasievoll, nachdenklich und abwechslungsreich. Zugleich sorgt die erstklassige Erzählweise gemeinsam mit der mitreißenden Atmosphäre, dem fantastischen Soundtrack und den hochwertigen Animationen für beste Anime-Unterhaltung. Der Junge und der Reiher ist ein erzählerisches und audiovisuelles Meisterwerk und einer der besten Anime-Filme, die ich seit langem gesehen habe. Kein Anime-Fan sollte sich den Film entgehen lassen.
Kurzfazit: Faszinierender Fantasy-Abenteuer-Drama-Anime-Film, der mit nachdenklicher, fantasievoller und ruhig erzählter Geschichte, großartigen Charakteren, märchenhafter Atmosphäre und erstklassiger audiovisueller Präsentation erstklassige Unterhaltung bietet. Ein Anime-Meisterwerk!
Details
Titel: Der Junge und der Reiher
Originaltitel: Kimitachi wa Dō Ikiru ka
Genre: Abenteuer, Fantasy, Drama
Regie: Hayao Miyazaki
Studio: Studio Ghibli Inc.
Produktionsjahr: 2023
Laufzeit: ca. 124 Minuten (Blu-ray), ca. 119 Minuten (DVD)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungstermin (Blu-ray/DVD): 23. August 2024
Erscheinungstermin (Blu-ray/UHD Special Edition): 06. Dezember 2024
Herstellerseite: Der Junge und der Reiher bei Leonine Anime
© 2023 Hayao Miyazaki / Studio Ghibli
© 2024 Leonin Studios