Rezension: Metaphor: ReFantazio (PS5)
Um einen Prinzen zu retten, begeben sich ein junger Elda und eine Fee in Metaphor: ReFantazio auf eine gefährliche Reise.
Schon seit Atlus das ursprünglich 2016 angekündigte Project Re:Fantasy neu als Metaphor: ReFantazio vorgestellt hat, wird das Rollenspiel mit der erfolgreichen und beliebten Persona-Reihe verglichen. Das ist angesichts der offensichtlichen Gemeinsamkeiten bei Optik und Gameplay sowie aufgrund der Beteiligung von Persona-5-Director Hasino Katsura wenig verwunderlich. Zumal Metaphor: ReFantazio in vielen Punkten wirklich wie ein Persona im Fantasy-Setting wirkt. So setzt das Rollenspiel ebenfalls auf ein Kalender-System inklusive Tagesplanung, befristete Quests, soziale Interaktionen, zahlreiche Dialoge und Dungeon-Erkundung inklusive rundenbasierten Kämpfen. Doch Metaphor: ReFantazio ist noch weitaus mehr und kann sich trotz eindeutiger Verwandtschaft zu Persona und Shin Megami Tensei als eigenständiges Rollenspiel und einer der besten Genre-Vertreter des Jahres beweisen.
Kampf um die Herrschaft
Metaphor: ReFantazio erzählt eine großartige, wendungsreiche Fantasy-Geschichte über den Kampf um den Thron von Euchronia inklusive Demokratie- und Rassismus-Themen. Dabei beginnt das Rollenspiel mit einem qualitativ hochwertigen Anime-Intro. Anschließend werde ich direkt in der Welt begrüßt und darf einen Namen, jedoch nicht den des Protagonisten festlegen. Damit wird zumindest ein wenig die vierte Wand durchbrochen und ich werde stärker in die Welt gezogen. Anschließend beginnt die Geschichte des Protagonisten, einem jungen Elda. Den Namen des Angehörigen eines niederen und verhassten Stamms darf ich selbst festlegen. Gemeinsam mit der Fee Gallica befindet der Protagonist auf einer geheimen Mission, die eng mit der Ermordung des Königs zusammenhängt.
Nach der Ankunft in der Hauptstadt schließen sich der Protagtonist und Gallica der Armee an, um Kontakt mit jemandem aufzunehmen und eine wichtige Botschaft zu überbringen. Doch nicht alles läuft wie geplant und schon bald finden sich der junge Elda, Gallica und der Soldaten-Rekrut Leon in einem scheinbar aussichtslosen Kampf wieder. Schon bald wird der Protagonist in den Kampf um den Thron verwickelt. Dabei überzeugt das Rollenspiel mit einzigartigen, gut geschriebenen Charakteren wie Gallica, Leon oder Hulkenberg sowie einer toll entworfenen Fantasy-Steampunk-Welt.
Geplantes Fantasy-Abenteuer
Der Spielablauf von Metaphor: ReFantazio teilt sich in zwei Bereiche auf. Allerdings öffnet sich das Rollenspiel erst nach einigen sehr linearen Spielstunden, in denen ich vorwiegend der Geschichte folge und Kämpfe bestreite. Sobald ich mich frei bewegen kann und eine Hauptquest mit Frist als Ziel habe, wird das Kalender-System etabliert. Dabei wird vorgegeben, bis zu welchem Tag eine bestimmte Aufgabe, beispielsweise ein Dungeon, absolviert werden muss. Die restlichen Tage können frei verplant werden, wobei es mir überlassen ist, ob ich zuerst die Hauptquest erfüllen und anschließend meine Freizeit nutzen möchte oder umgekehrt.
Jeder Tag ist in Nachmittag und Nacht eingeteilt und bietet verschiedene Aktivitäten. So können verschiedene Dungeons besucht werden, um die oft mit spannenden Geschichten verbundenen Nebenquests zu erfüllen oder Kopfgeldjagden absolviert werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass nach einem Dungeon-Besuch die nächtliche Aktivität wegfällt. Ebenso gibt es verschiedene Möglichkeiten, um die königlichen Tugenden wie Mut und Weisheit des Protagonisten zu verbessern. Diese sind erforderlich, um einige Nebenquests annehmen zu können oder die soziale Stufe mit einem Verbündeten zu erhöhen. Mit letzteren kann ebenfalls regelmäßig Zeit verbracht werden. Gute Planung ist essentiell, um die begrenzte Zeit sinnvoll zu nutzen.
Kampflastige Dungeons
Die Dungeons sind wie für viele Atlus-Spiele typisch zwar abwechslungsreich, fallen aber nicht unbedingt weitläufig oder komplex aus. Gelegentliche Abzweigungen laden trotzdem zum Erkunden ein. In den Dungeons dominieren rundenbasierte Kämpfe gegen zahlreiche Gegner wie Soldaten oder unterschiedliche Monster. Allerdings kann ich mir zuvor mit Echtzeitangriffen einen Vorteil verschaffen. Schwache Gegner werden sogar direkt besiegt, was die Rundenkämpfe gegen sie erspart. Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass sich Metaphor: ReFantazio bei der Gestaltung der Kämpfe an Persona 5 orientiert hat. Entsprechend gut spielen sich die Auseinandersetzungen.
Für jeden Charakter in der maximal vierköpfigen Gruppe erhalte ich einen Aktionspunkt, den ich für normale Angriffe oder Fähigkeiten und Magie nutzen kann. Wichtig ist es, die Stärken und Schwächen der Gegner zu beachten. Greife ich einen gegen Feuer anfälligen Feind mit einem Feuerzauber an, erleidet dieser nicht nur mehr Schaden, ich verbrauche außerdem nur einen halben Aktionspunkt und kann somit häufiger agieren. Weicht ein Gegner hingegen aus, gehen zwei Aktionspunkte verloren. Diese Regelung gilt auch für unsere Widersacher, weshalb die eigenen Schwächen und Stärken der Gruppe beachtet werden sollten. Hier ist überlegte Vorausplanung anhand er in einem Dungeon zu erwartenden Gegner sinnvoll. Essentiell dafür sind die als Archetypen bezeichneten Klassen.
Taktische Archetypen
Die Archetypen bestimmen, welche Fähigkeiten und Ausrüstung die Charaktere einsetzen können beziehungsweise tragen. Neue Archetypen werden freigeschaltet, wenn der Protagonist Kontakte zu bestimmten Personen knüpft. Verbessert sich die Beziehung zu den entsprechenden Personen, hat das Auswirkung auf die zugehörigen Archetypen. Dabei kann jeder Charakter der Gruppe jeden Archetypen nutzen, sobald dieser individuell freigeschaltet wurde. Ebenso erhöht sich durch Kämpfe nicht nur das Level der Charaktere, sondern auch individuell für jede Figur die Archetypen-Stufe. Dadurch werden neue Fähigkeiten freigeschaltet. Viele Archetypen verfügen sogar über eine bessere Version.
Aufgrund der starken Abweichungen zwischen den Archetypen, wird eine enorme taktische Tiefe geboten. Vor jedem Dungeon gilt es genau zu überlegen, welche Klassen sich anbieten und was für Angriffe und Fähigkeiten sinnvoll sind. Manchmal sind sogar Archetypen-Wechsel in einem Dungeon notwendig, um auf die Situation zu reagieren. Zudem verfügen die Archetypen über Synergie-Angriffe. Für diese agieren zwei Archetypen gemeinsam, um eine mächtige Attacke auszuführen, verbrauchen dabei jedoch zwei Aktionspunkte. Erlernte Fähigkeiten eines Archetyps können in begrenzte Slots eines anderen Archetyps übertragen werden, sodass beispielsweise auch ein Krieger Eismagie wirken kann.
Epik mit kleinen Schwächen
Optisch ist Metaphor: ReFantazio gleichermaßen opulent, faszinierend, stylish und gleichzeitig etwas altbacken und schwach. Besonders bei der Präsentation ist das Rollenspiel auf einem enorm hohen Niveau. Die Gestaltung ist fantastisch und trumpft mit den Designs von Menüs, Bildschirmanzeigen, Charakteren, Gegnern und der Welt auf. Hier kann Metaphor: ReFantazio restlos überzeugen. Selbiges gilt für die hochwertigen Anime-Zwischensequenzen. Gleichzeitig fallen jedoch in wenigen Szenen leere, grafisch nicht sonderlich hübsche Umgebungen, statische Hintergründe oder einfache Animationen auf. Auch die oft fehlende Sprachausgabe, die sowohl in japanisch als auch englisch überzeugt, ist ein typischer Mangel eines Atlus-Rollenspiels. Angesichts der erstklassigen Präsentation ist das umso bedauerlicher. Zumal Metaphor: ReFantazio abgesehen von gelegentlichen Rucklern beim Speichern auf der PlayStation 5 absolut rund läuft.
Untermalt wird das Geschehen zudem von einem epischen, mitreißenden und perfekt passenden Soundtrack, der viel zur Atmosphäre beiträgt. Überzeugen können auch die deutschen Texte, die trotz seltener kleiner Fehler durchweg gelungen sind und allerlei Eigenarten der Charaktere vermitteln. Die kleinen Schwächen werden problemlos ausgeglichen, sodass sich an der faszinierenden und fesselnden Spielerfahrung von Metaphor: ReFantazio nichts ändert.
Fazit
Seit der Ankündigung von Project Re:Fantasy war ich gespannt auf das Rollenspiel, das mit der Präsentation als Metaphor: ReFantazio sofort meinen Wunsch geweckt hat, es spielen zu wollen. Dabei erinnert Metaphor: ReFantazio im Kern deutlich an die Persona-Reihe. Besonders das Kalender-System könnte fast eins zu eins aus dem erfolgreichen Persona 5 entnommen sein. Allerdings verleiht das Fantasy-Steampunk-Setting der Mechanik ausreichend Eigenständigkeit. Allgemein mag Metaphor: ReFantazio teilweise an ein Persona im Fantasy-Setting erinnern, doch das Rollenspiel ist weitaus eigenständiger. Besonders die spannende Geschichte weiß mit überraschenden Wendungen, eigenwilligen Charakteren und interessanter Welt zu faszinieren. Zusätzlich haben mich Kämpfe, Alltagsplanung, Quests und die kleinen Geschichten abseits der Hauptstory immer wieder aufs Neue gefesselt. Das fantastische Design und der epische Soundtrack unterstützen zudem die einzigartige Atmosphäre. Kleinere Mängel wie die nicht immer perfekte Optik, minimale Fehler in den deutschen Texten oder den Verzicht auf eine Vollvertonung verzeihe ich gerne, zumal sie mir nur selten auffallen. Dafür motiviert mich Metaphor: ReFantazio zu sehr und ich schaffe es kaum, den Controller aus der Hand zu legen. Für mich ein eindeutiger Anwärter auf den Titel Spiel des Jahres, den sich kein Rollenspiel-Fan entgehen lassen sollte.
Kurzfazit: Fantastisches Rollenspiel, das mit großartigen Charakteren, fesselnder Geschichte, motivierendem Gameplay und opulent-stylisher Optik begeistert und einer der besten Genre-Vertreter der letzten Jahre ist.
Vielen Dank an Sega und Atlus für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Metaphor: ReFantazio!
Details
Titel: Metaphor: ReFantazio
Genre: Rollenspiel
Publisher: Sega
Entwickler: Atlus
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet), PlayStation 4, Xbox Series X|S, PC
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 11. Oktober 2024
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