Rezension: Silent Hill 2 (PS5)

James Sunderland sucht in Silent Hill 2 in einer geheimnisvollen, verlassenen, nebligen Stadt nach seiner verstorbenen Frau Mary.

Erstmals 2001 für die PlayStation 2 erschienen, gehört Silent Hill 2 zu den großen Klassikern des Survival-Horror-Genres. Dem bisher besten Teil der Reihe, hat Konami ein von polnischen Studio Bloober Team umgesetztes Remake spendiert. Nach anfänglicher Skepsis aufgrund gezeigter Trailer und der bisher zwar ordentlichen, aber nie überragenden Bilanz von Bloober Team, die unter anderem die Layers-of-Fear-Spiele, Blair Witch oder The Medium entwickelt haben, präsentiert sich die Neuauflage von Silent Hill 2 als großartiger Genre-Vertreter, der die Essenz des Originals einfängt. Ein bloßes grafisches und technisches Remake ist das Survival-Horror-Spiel nicht. Bloober Team hat der Suche von James Sunderland in der titelgebenden, geheimnisvollen Stadt auch Neuerungen und Anpassungen spendiert.

Vielschichtige Geschichte

Die starke, wendungsreiche und bis zum Ende spannende Geschichte von Silent Hill 2 bleibt im Remake weitgehend identisch. Weiterhin ist James Sunderland auf der Suche nach seiner eigentlich verstorbenen Frau Mary. Von dieser hat er drei Jahre nach ihrem Tod einen Brief erhalten, der besagt, sie würde an ihrem Lieblingsort in Silent Hill warten. Als James in der Stadt ankommt, ist diese verlassen, heruntergekommen und ein dichter Nebel erschwert die Sicht. Zudem trifft er schon bald auf seltsame Gestalten und muss sich gegen diese verteidigen. Auf seinem Weg durch Silent Hill trifft James einige mysteriöse, individuelle und zumeist vielschichtige und gut geschriebene Charaktere. Auch hier bleibt das Remake dem Original weitgehend treu, verzichtet damit aber auch auf die Chance, Macken des PlayStation-2-Klassikers zu beheben. Wirklich negativ wirkt sich das aber nicht aus.

Bleibt die Geschichte im Kern unangetastet, hat Bloober Team einige Szenen angepasst, die Inszenierung verändert sowie neue Ereignisse hinzugefügt. Zum Teil ist das der neuen Third-Person-Schulterkamera, die ein freies Erkunden ermöglicht, geschuldet, meist aber ist es eine bewusste Entscheidung. Die Auswirkungen halten sich jedoch in Grenzen. Lediglich die neuen Szenen sind spürbar, erweisen sich aber als sinnvoll und verleihen Silent Hill 2 neue, interessante Aspekte sowie zum Ende mehr Klarheit. Dadurch fällt zwar der Interpretationsspielraum des Originals weg, das ist aber nicht unbedingt von Nachteil, da eine besser nachvollziehbare Geschichte erzählt wird. Zudem hat Bloober Team dem Survival-Horror-Spiel zwei neue Enden hinzugefügt. Somit verfügt Silent Hill 2 nun über acht unterschiedliche Ausgänge der Geschichte. Umso besser ist es, dass nach erstmaligem Durchspielen ein New-Game+-Modus freigeschaltet wird.

Stimmungsvolle Stadt

Auffällig ist, wie gut Bloober Team die Atmosphäre des Originals umgesetzt hat. Silent Hill 2 ist im Remake ein gruseliges, stimmungsvolles Abenteuer, das regelmäßig einen Schauer über den Rücken jagt, den Puls in die Höhe treibt oder erschreckt. Dazu trägt neben der erstklassigen Soundkulisse vor allem die detailreiche Grafik bei. Die Umgebungen, Charaktere und Gegner sind erstklassig gestaltet und zeigen deutlich die Möglichkeiten der PlayStation 5. Dabei profitieren besonders Schatten und Licht vom Quality-Modus, der mit dreißig Bildern pro Sekunde auch flüssiger läuft als der Leistungs-Modus. Die dichte Atmosphäre sorgt dafür, dass das Erkunden noch spannender wird. Zumal es aufgrund zahlreicher betretbarer, auch neuer Gebäude und Räume sowie auffindbaren Vorräten, Geheimnissen oder Hinweisen auch wirklich motiviert, sich genau umzusehen.

Wie im Original sind allerdings auch viele Türen verschlossen, was auf den Karten, die James findet, jedoch nicht markiert ist. Erst wenn ich versuche eine Tür zu öffnen, wird diese entsprechend als verschlossen markiert. Dabei unterscheidet Silent Hill 2 zwischen Durchgängen, die ich später noch öffnen kann und solchen, die dauerhaft den Weg versperren. Das ist sinnvoll und erleichtert den Überblick. Versteckte Schüssel sowie zerstörbare Fenster und Wände ermöglichen es, auch vermeintlich nicht betretbare Räume doch noch zu erreichen. Es lohnt sich, sich genau umzusehen, um nichts zu verpassen. Zumal gerade Gegenstände für die Lösung der bekannten, angepassten und neuen Rätsel überaus wichtig sind. Wie schon im Original, trumpft Silent Hill 2 bei den Rätseln auf und stellt mich vor einige herausfordernde und motivierende Aufgaben, die dank Hinweise jedoch stets gut zu lösen sind. Außerdem fallen die Rätsel logischer aus als noch im Original.

Actionreiche Verteidigung

Ertönt im Radio, das James früh im Spiel findet und anschließend bei sich trägt, ein Kratzen, das aus dem Lautsprecher des DualSense-Controllers kommt, ist ein Gegner in der Nähe. Damit werde ich zwar darauf hingewiesen, wann mögliche Gefahr droht, trotzdem schafft es Silent Hill 2 mir ein Gefühl der Gefahr und Angst zu vermitteln. Nicht selten tappe ich trotz des Kratzens aufgrund zu unvorsichtigem Vorgehen in einen Hinterhalt oder erschrecke mich vor dem plötzlich auftauchenden Gegner. Für den Kampf nutzt James vorwiegend ein Holzbrett. Entsprechend wichtig ist der Nahkampf, während Schusswaffen und Munition ebenfalls zum Einsatz kommen, ohne dass James jemals wie ein erfahrener Profi-Schütze wirkt.

Gleichzeitig fallen die Auseinandersetzungen actionreicher aus als im Original, sind aber leider nicht ohne Macken. Funktionieren Nah- und Fernkampf grundsätzlich, fällt bald das nicht konsequente und eher schwache Trefferfeedback auf. Unterbrechen Treffer manchmal die Angriffe von Gegnern, kann das kurz darauf wieder nicht der Fall sein. Dadurch stecke ich viel zu oft nicht vermeidbare Attacken ein. Ähnliches gilt für das Ausweichen. Funktioniert es grundsätzlich gut, vor Feinden zurückzuweichen, können manche Animationen dazu führen, dass James zu langsam reagiert. Ärgerlich. Wirklich negativ wirkt sich das aber kaum auf den Spielspaß aus. Im Zweifelsfall kann ich die meisten Gegner auch einfach umlaufen und Kämpfe vermeiden. Außerdem ist Silent Hill 2 genau betrachtet eher leicht, bietet aber immerhin eine unabhängige Schwierigkeitsgrad-Einstellung für Kämpfe und Rätsel.

Atmosphärische Präsentation

Ob eine höhere Kampf-Herausforderung wirklich ratsam ist, ist jedoch eine persönliche Entscheidung, die auch unter Berücksichtigung der Bosse getroffen werden sollte. Die Auseinandersetzungen mit den besonderen Gegnern sind dynamischer als im Original und grundsätzlich gelungen und abwechslungsreich. Leider halten die Bosse jedoch bereits auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad viel zu viel aus, was merklich die Motivation und den Spielspaß senken kann. Wer sich daran aber nicht stört und eine größere Herausforderung möchte, wird mit dem harten Schwierigkeitsgrad zufrieden sein.

Zum Abschluss sei noch erwähnt, dass Silent Hill 2 auf der PlayStation 5 durchweg gut läuft. Zwar bleibt die Bildwiederholrate im Leistungs-Modus nicht konstant, wirklich negativ fällt das aber nicht auf. Auch die nicht immer perfekten Animationen der Charaktere oder kleinere Grafikschwächen, können das stimmungsvolle Survival-Horror-Erlebnis nicht beeinträchtigen. Zumal Silent Hill 2 eine fantastische Soundkulisse inklusive großartigem Soundtrack bietet. Die neue englische Vertonung ist ebenfalls hervorragend, während die deutschen Texte gut geschrieben sind. Auf Ladezeiten wird fast vollständig verzichtet. Seltsam mutet lediglich an, dass es vor und nach fast jeder Zwischensequenz eine Weißblende gibt. Am positiven Eindruck von Silent Hill 2 ändert das aber nichts. Das Survival-Horror-Spiel zeigt wie gut Remakes sein können und schafft es problemlos mit anderen Genre-Größen wie Alan Wake 2 sowie den Remakes von Resident Evil 2 und Resident Evil 4 mitzuhalten.

Fazit

Silent Hill 2 ist zurecht ein Klassiker, zeigt aber als PlayStation-2-Spiel von 2001 deutliche Alterserscheinungen, die den Spielspaß beeinträchtigen können. Ein Remake ist also mehr als willkommen, besonders wenn es so gut ist wie das von Bloober Team entwickelte Silent Hill 2. Der Survival-Horror-Titel überzeugt nicht nur mit audiovisueller Brillanz und dichter Atmosphäre, sondern kann auch beim Gameplay fast durchweg überzeugen. Lediglich die Kämpfe hätten etwas mehr Feinschliff vertragen. Das ist jedoch Meckern auf hohem Niveau, besonders weil mich die Auseinandersetzungen trotzdem fast genauso motiviert haben wie das Erkunden der Stadt und Gebäude sowie die angepassten, verbesserten und neuen Rätsel. Mit nun acht statt sechs Enden bietet Silent Hill 2 auch ausreichend Wiederspielwert. Survival-Horror- und besonders Silent-Hill-Fans sollten sich Silent Hill 2 nicht entgehen lassen.

Kurzfazit: Fantastisches Remake eines Survival-Horror-Klassikers, das trotz kleiner Macken herausragenden Genre-Spielspaß mit dichter Atmosphäre, audiovisueller Brillanz und packender Geschichte garantiert.

Vielen Dank an Konami für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Silent Hill 2!

Details
Titel: Silent Hill 2
Genre: Survival-Horror
Publisher: Konami
Entwickler: Bloober Team
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 5 (getestet), PC
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 08. Oktober 2023