Rezension: Conscript (Switch)

Ein französischer Soldat sucht in Conscript in den verwüsteten Schützengräben von Verdun nach seinem vermissten Bruder.

Conscript verfrachtet klassischen Survival-Horror der PlayStation-One-Zeiten in die Zeit des Ersten Weltkriegs. Genauer gesagt im Juli 1916 in das Umfeld der Schlacht von Verdun, dem blutigsten und längsten Kampf des damals als Großer Krieg bezeichneten Konflikts. In Low-Poly-Grafik gehalten, erzählt das Survival-Horror-Spiel von Jordan Mochi und des australischen Catchweight Studio von einem französischen Soldaten, der in den verwüsteten Schützengräben umgeben von den Schrecken des Krieges nach seinem Bruder sucht. Dabei orientiert sich Conscript eindeutig an PSOne-Genre-Klassikern und vor allem Capcoms Resident-Evil-Reihe.

Schrecken des Krieges

Die Geschichte beginnt mit einer kurzen Zwischensequenz, in der der Protagonist einen Brief an seine Mutter schreibt. Darin wird vor allem das Setting kurz umrissen. Zudem wird die Sorge um Pierre, den Bruder des französischen Soldaten, deutlich. Anschließend gilt es, einen Angriff der Deutschen abzuwehren und dabei wichtige Grundlagen zu lernen. Allerdings verzichtet Conscript auf allzu ausufernde Tutorials, weshalb vieles selbst erlernt werden muss. Immerhin gibt es im Pausen-Bildschirm stets die Steuerung zu sehen. Das ist auch notwendig, da ich erst dadurch herausgefunden habe, wie ich das Gewehr nachlade. Bereits hier zeigt sich die Nähe zur PSOne-Zeit. Das ist jedoch nicht ausschließlich positiv. Einige Modernisierungen hätten Conscript nicht geschadet. Immerhin darf vor Spielstart zwischen verschiedenen Schwierigkeitsgraden gewählt werden. Zudem stehen weitere Einstellungen, etwa ob wie im großen Vorbild Resident Evil Farbbänder fürs Speichern benötigt werden oder nicht.

Schnell wird deutlich, dass sich Conscript recht behäbig spielt. Bewegen bei Angriffen ist nicht möglich. Außerdem muss sowohl im Fern- als auch Nahkampf die jeweilige Attacke bestenfalls aufgeladen werden. Ist das bei einem Gewehr oder einer Pistole mit Zielen noch nachvollziehbar, kann sich das Ausholen mit einem Spaten sehr einschränkend anfühlen. Zusätzlich müssen Waffen wie Gewehr erst wieder durchgeladen werden, bevor ein zweiter Schuss möglich ist. Zudem fällt das Zielen sowohl mit Schuss- als auch Nahkampfwaffen nicht so genau aus, wie es teilweise sein müsste. Hier steuert sich Conscript etwas zu schwammig, was immer wieder dazu führen kann, dass Angriffe oder Schüsse ihr Ziel verfehlen. Ärgerlich. Zudem bringen gerade nicht aufgeladene Nahkampfattacken wenig, weshalb es oft notwendig ist, wegzulaufen oder mit einer Rolle auszuweichen, wenn Gegner zu nah sind. Hierbei sollte genauso wie im Nahkampf stets die Ausdauer im Blick behalten werden. Nach einiger Zeit ist das Gameplay zwar erlernt und geht leichter von der Hand, wirklich dynamisch oder gut haben sich aber gerade die Kämpfe nie angefühlt. Trotzdem kann Conscript durchaus packenden Survival-Horror-Spielspaß entfalten. Zumindest wenn ihr bereit seid, euch auf das klassische und behäbige Gameplay einzulassen.

Stimmungsvoller Überlebenskampf

Überzeugen kann Conscript uneingeschränkt bei der dichten Atmosphäre. Die Schützengräben bilden eine, zwar etwas abwechslungsarme, aber dafür bedrückende Umgebung. In den verwinkelten Gängen und Gebäuden gilt es genau aufzupassen, um zu überleben. Bestimmte Stellen am Boden verursachen Lärm, in Unterständen kann ich mich verstecken und wichtige Ressourcen sind selten. Zudem ist das Inventar begrenzt, was jedoch leider auch zu häufigem Zurücklaufen zu einem Speicherraum führt. Hier findet sich genauso wie in Resident Evil eine Lagerkiste, um Platz zu schaffen. Angesichts unterschiedlicher Waffen und Munitionen, Heil- und Craftinggegenständen sowie Schlüsseln, die für verschlossene Türen benötigt werden, ist das auch dringend notwendig. Dennoch sind die Ressourcen stark begrenzt und gerade Munition, Verbände oder Medizinkästen sind selten.

In den Speicherräumen besteht auch die Möglichkeit einzukaufen. Dafür benötigen wir allerdings Zigaretten und auch diese sind weitaus beschränkter als praktisch ist, weshalb gut überlegt sein will, wofür sie ausgegeben werden. Zudem können mit Waffenteilen Pistole, Gewehr und andere Waffen verbessert werden. Für ein wenig Auflockerung sorgen gelegentliche Rätsel. Diese fallen jedoch meist recht leicht aus und bieten nur selten wirkliche Kopfnüsse. Dennoch fügen sie sich gut ein und zeigen erneut wie stark sich Conscript an Genre-Klassikern orientiert. An das Resident-Evil-Remake erinnert, dass Leichen später verbrannt werden sollten, um zu verhindern, dass Ratten auftauchen und zum Problem werden. Das erhöht die sowieso dichte Atmosphäre zusätzlich. Allerdings nutzt sich das Konzept von Conscript mit der Zeit ab, was auch an der zu geringen audiovisuellen Abwechslung liegt. Grafik und Musik sind zwar sehr stimmungsvoll, bieten aber insgesamt zu wenig Variation. Gemeinsam mit dem Gameplay führt das dazu, dass sich Conscript mit einer Spielzeit von zehn bis zwölf Stunden etwas zu lang anfühlt. Irgendwann wird alles zur Routine, was auch ein wenig an der Atmosphäre kratzt. Trotzdem kann das klassische Survival-Horror-Erlebnis bis zu einem der unterschiedlichen Enden motivieren. Zu verdanken ist das maßgeblich auch dem unverbrauchten, ungewöhnlichen Setting, das viel zur Stimmung beiträgt.

Fazit

Der erste Weltkrieg als Schauplatz eines klassischen, an PlayStation-One-Zeiten angelehnten Survival-Horror-Spiels, hat sofort mein Interesse an Conscript geweckt. Schnell hat mich die dichte Atmosphäre und der schicke und stimmungsvolle Low-Poly-Grafikstil gefesselt. Leider kann das Gameplay dabei nicht ganz mithalten. Das bedeutet nicht, dass sich Conscript schlecht spielt. Im Gegenteil. Gerade aufgrund des eindeutigen Versuchs, ein Erlebnis wie in den späten 1990er-Jahren zu bieten, präsentiert sich Conscript spielerisch durchaus gelungen. Allerdings fühlt sich das Survival-Horror-Spiel behäbig und nie dynamisch an. Besonders die Kämpfe haben mich nicht überzeugt und fallen etwas zu sperrig aus. Zwar habe ich mich nach einiger Zeit daran gewöhnt, wirklich intuitiv war das Gameplay aber nie. Dafür überzeugt Conscript durchweg mit dem ungewöhnlichen Setting und versteht es, die Schrecken des Krieges zu transportieren. Daran ändern auch die mit der Zeit fehlende Abwechslung, das starke Backtracking oder die etwas zu lange Spielzeit wenig. Fans klassischer Survival-Horror-Spiele, die sich an den erwähnten Macken nicht stören, werden viel Spaß mit Conscript haben.

Kurzfazit: Packendes Survival-Horror-Spiel, das trotz Gameplay-Schwächen mit einer dichten Atmosphäre und ungewöhnlichem Setting fesselnden Genre-Spielspaß bieten kann.

Vielen Dank an Team17 & Catchweight Studio für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Conscript!