Rezension: Memories (Blu-ray)

Drei Kurzgeschichten erzählen in Memories von einer geheimnisvollen Raumstation im All, einem Laborunfall und einer militaristischen Stadt.

Erstmals Ende Dezember 1995 erschienen, adaptiert Memories drei Kurzgeschichten des Mangas Der Feuerball, Begraben im Sand von Akira-Mangaka und -Regisseur Katsuhiro Otomo. Entstanden sind die drei OVAs, die im Film Memories zusammengefasst sind, bei den Studios Madhous und Studio 4°C unter der Regie von Kōji Morimoto, Tensai Okamura und Katsuhiro Otomo. Jeder der Regisseure hat dabei eine der Kurzgeschichten umgesetzt. Diese sind den Genres Science-Fiction-Mystery, schwarzhumorige Drama-Komödie und Endzeit-Militär-Alltag zuzuordnen. Dabei setzen „Magnetic Rose“, „Stink Bomb“ und „Canon Fodder“ auf drei unterschiedliche Zeichenstile, die alle mit ihren Eigenarten überzeugen und hervorragend zu den jeweiligen Geschichten passen. Zudem weiß Memories mit einer dichten Atmosphäre und drei verschiedenen Grundstimmungen zu spielen, die maßgeblich dazu beitragen, dass jede der Episoden auf eigene Weise fesselt. Überzeugen kann zudem die abwechslungsreiche Musikuntermalung, die von Klassik und Oper über jazzige Klänge bis hin zu elektronischen Liedern viel zu bieten hat. Abgerundet wird das von der hochwertigen deutschen Synchronisation.

Abwechslungsreiche Geschichten

Die erste Episode „Magnetic Rose“ handelt vom Schrottsammler-Raumschiff Corona, das ein Notsignal empfängt und eine geheimnisvolle Raumstation entdeckt. Auf dieser verschwimmen Realität und Illusion, Gegenwart und Vergangenheit immer stärker miteinander. Schon früh zeigt „Magnetic Rose“ einen auch aus heutiger Sicht noch detailreichen Zeichenstil mit flüssigen Animationen, der maßgeblich zur dichten Atmosphäre beiträgt. Die Geschichte versteht es anfangs, einen Einblick in den Alltag der vierköpfigen Schrottsammler-Besatzung zu gewähren, nur um anschließend mit der Entdeckung der Raumstation große Rätsel aufzuwerfen. Was ist real und was Illusion? Erinnerungen werden lebhaft und lassen Heintz und Miguel, die an Bord der Raumstation gegangen sind an ihrem Verstand zweifeln. Dramatisch, tragisch und beklemmend schafft es „Magnetic Rose“ eine hoch spannende und fesselnde Science-Fiction-Mystery-Geschichte mit Horror-Elementen zu erzählen.

Stink Bomb“, die zweite Geschichte, erzählt von Nobuo Tanaka, einem jungen Laboranten, der sich aufgrund seiner Grippe im Pausenraum ausruht und nach dem Aufwachen feststellt, dass ein Unfall passiert sein muss. Alle um ihn sind tot und das Phänomen breitet sich weiter aus. Nobou erhält via Videotelefonie von seinem Vorgesetzten den Befehl, eine Probe eines neuen Medikaments zu ihm nach Tokio zu bringen. Auch wenn hier nicht erwähnt sein soll, was genau vor sich geht, sei zumindest verraten, dass „Stink Bomb“ nicht lange ein Geheimnis aus den wahren Ereignissen und Hintergründen macht. Das ist keinesfalls negativ, da die Geschichte besonders von den Folgen des bedrohlichen Phänomens sowie den herrlichen und teils überzeichneten Charakteren lebt. Besonders Nobuo überzeugt als naiver, begriffsstutziger Pechvogel. Dabei setzt „Stink Bomb“ auf einen teilweise bitterbösen schwarzen Humor, der bewusst auf makabere Ansätze und Zynismus setzt. Damit unterscheidet sich „Stink Bomb“ deutlich von „Magnetic Rose“ und erzählt auf eigene Weise und mit viel Witz eine dramatische und spannende Geschichte.

Ebenfalls sehr eigenständig ist die dritte Geschichte „Canon Fodder“. Eine kleine Familie lebt in einer von einer großen Mauer umgebenen Stadt, die von großen Kanonen auf den Dächern der Häuser dominiert wird. Täglich ist es die Aufgabe des Vaters, die riesige Kanone siebzehn zu laden und Zeuge bei deren Abschuss zu sein. Die Mutter stellt derweil Munition in einer Fabrik her und der Sohn bereitet sich trotz mäßiger Leistungen in der Schule mit großer Begeisterung auf seine Zukunft als Kanonier vor. „Canon Fodder“ setzt auf ein militaristisches Steampunk-Szenario, dem eindeutig das deutsche Kaiserreich sowie das nationalsozialistische Deutschland als Inspiration gedient haben. Metallplatten als Wände, Rauch und eine dichte Nebelwand jenseits der Stadt sorgen für ein beklemmendes, technisiertes Gefühl. „Canon Fodder“ setzt sich noch stärker von den anderen Episoden ab, da keine zielgerichtete Geschichte erzählt wird. Vielmehr wird ein Einblick in das Leben einer Familie in der militarisierten Stadt geboten. Ein faszinierendes Erlebnis, das jedoch deutlich eigenwilliger ist als „Magnetic Rose“ und „Stink Bomb“ und gerade deshalb einen guten Abschluss für Memories bildet.

Fazit

Memories gehört zu den Anime-Klassikern, die ich bisher nicht sehen konnte, weshalb ich froh bin, dass ich die drei Kurzgeschichten endlich nachholen konnte. Jede der drei Episoden weiß auf eigene Weise zu faszinieren und begeistern. Dabei bieten „Magnetic Rose“, „Stink Bomb“ und Canon Fodder „ inhaltlich, erzählerisch, atmosphärisch und optisch sowie musikalisch viel Abwechslung. Egal ob nun die Rätsel um die Raumstation in „Magnetic Rose“, der mysteriöse Laborunfall in „Stink Bomb“ oder die militarisierte Stadt in „Canon Fodder“, jede Geschichte hat etwas geheimnisvolles und zugleich faszinierendes. Zugleich wissen die Episoden mit viel Spannung sowie eigenen Genre-Ausrichtungen zu überzeugen. Auf packende Science-Fiction-Mystery folgt eine schwarzhumorige Drama-Komödie und schließlich eine beklemmende Steampunk-Militär-Alltagsgeschichte. Gerade „Canon Fodder“ wird mit der ruhigen Erzählweise nicht jedem gefallen, lohnt sich aber genauso wie „Magnetic Rose“ und „Stink Bomb“. Anime-Fans sollten sich Memories auf keinen Fall entgehen lassen.

Kurzfazit: Memories erzählt drei faszinierende, abwechslungsreiche Kurzgeschichten mit eigenen Identitäten und Genres, die erzählerisch, atmosphärisch, visuell und musikalisch überzeugen und durchgehend herausragende unterhalten.

Vielen Dank an KSM Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Memories!

Details
Titel: Memories
Originaltitel: Memories
Genre: Science-Fiction, Komödie, Mystery, Drama
Regie: Kōji Morimoto, Tensai Okamura, Katsuhiro Otomo
Studio: Madhouse Inc., Studio 4°C
Produktionsjahr: 1995
Laufzeit: ca. 114 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Booklet, Special Preview Interview, Über die Restauration, Japanischer Originaltrailer, Vom Storyboard zur Animation: „Cannon Fodder“, Liner Notes, Bildergalerie
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungstermin: 16. Mai 2024
Herstellershop: Memories bei Anime Planet

© Katsuhiro Otomo / Madhouse Inc., Studio 4°C
© KSM Anime / Plaion Pictures GmbH