Rezension: Gunslinger Girl Staffel 1 – Gesamtausgabe (Blu-ray)
Zu Cyborgs umgebaute Mädchen erfüllen in Gunslinger Girl Staffel 1 Attentatsaufträge für eine geheime Regierungsorganisation.
Vordergründig ist die „Staatliche Gesellschaft für soziale Wohlfahrt“, wie ihr Name andeutet, eine auf soziale Aufgaben ausgerichtete Abteilung der Organisation. In Wahrheit steckt dahinter jedoch eine Geheimorganisation, die das Leben junger Mädchen rettet, um sie zu Killern auszubilden. Mit mechanischen Körperteilen ausgestattet und zu Cyborgs umgestaltet, töten die Mädchen im Auftrag des Staates. Für jede von ihnen ist ein Betreuer, Fratello genannt, zuständig. Wie Geschwister bauen die Cyborgmädchen eine enge Bindung zu ihren Partnern auf, und finden durchaus Gefallen an ihren neuen Körpern und ihren Missionen. Allerdings erinnern sie sich nicht an ihre stets schreckliche Vergangenheit, und mit der Zeit zeigt die Konditionierung, die sie noch gehöriger werden lässt, ihren Tribut. Sie vergessen Ereignisse und ihre Lebensdauer ist äußerst kurz. Dennoch wecken Henrietta, Triela, Angelica, Rico und Claes auf den ersten Blick den Eindruck ganz normaler Mädchen.
Kindliche Attentäterinnen
Ursprünglich im japanischen Fernsehen ausgestrahlt von Oktober 2003 bis Februar 2004 ausgestrahlt, gilt Gunslinger Girl als Action-Drama-Klassiker. Studio Madhouse hat die dreizehnteilige erste Staffel, basierend auf der gleichnamigen Manga-Reihe von Yuu Aida, umgesetzt. Allerdings sollte keine reine Action-Serie erwartet werden. Stattdessen wird bereits in der ersten Episode deutlich, dass Gunslinger Girl Staffel 1 viel Wert auf Geschichte und Charaktere legt. Besonders die im Mittelpunkt der Handlung stehenden Mädchen werden gekonnt ausgearbeitet und erhalten überraschend viel Profil inklusive ihrer jeweils persönlichen, schrecklichen Vergangenheit. Obwohl der Fokus häufig auf Henrietta und ihrem Fratello José liegt, rückt die Aufmerksamkeit regelmäßig andere Figuren und Geschwister-Paare in den Mittelpunkt. So wird jedem der Mädchen mindestens eine Folge gewidmet, in der sie und ihre Bindung zu ihrem Partner ausführlich thematisiert werden. Schnell wird dabei deutlich, dass nicht jeder Fratello so liebevolle mit seiner kleinen Schwester umgeht, wie es bei José der Fall ist. Dabei kann Gunslinger Girl teilweise durchaus recht bedrückend werden, besonders wenn die erwachsenen Partner harsch, kühl oder gar gewalttätig auf Fehler der Mädchen reagieren.
Gleichzeitig bleibt Gunslinger Girl natürlich eine actionreiche Serie, die auch die Aufträge der kindlichen Killerinnen zeigt. Gnadenlos und teils recht blutig führen Henrietta, Triela, Angelica, Rico, Claes und die kurz auftretende Elsa ihre Missionen durch. Reue kennen sie aufgrund ihrer Konditionierung nicht, was gerade angesichts ihrer im privaten Bereich niedlichen, sanften, liebevollen oder anhänglichen Eigenschaften in einem harten Kontrast zueinander steht. So sammelt die erfahrene und unbarmherzige Triela ausgerechnet Teddybären, während Claes schnell in einem Buch versinkt. So unterschiedlich die Persönlichkeiten der Mädchen sind, so unterschiedlich sind auch die Fratellos, ihre Sichtweise auf die Cyborg-Killerinnen und ihre Vorgehensweisen. Wie bereits erwähnt, sind die Methoden der erwachsenen Partner komplett unterschiedlich und können bisweilen fragwürdig ausfallen, unterstreichen aber die Härte dessen, was hinter der „Staatlichen Gesellschaft für soziale Wohlfahrt“ wirklich steckt.
Trotz der brachial, blutig und hochwertig inszenierten Action, wird Gunslinger Girl, gerade aufgrund der oftmals ruhigen, nachdenklichen und ernsten Geschichte sowie der gut geschriebenen Figuren, niemals banal. Im Gegenteil gelingt es den dreizehn Episoden hervorragend, ein Gefühl für die Charaktere zu entwickeln und eine Bindung zu ihnen aufzubauen. Es fällt leicht, die Mädchen ins Herz zu schließen und aufgrund ihrer traurigen und harten Schicksale mit ihnen mitzufühlen. Dazu trägt auch die gerade anfangs leicht episodische und nicht immer chronologische Erzählweise bei. Zwar bauen einige Folgen aufeinander auf, doch oft erzählt jede Episode eine eigene Handlung und rückt dafür ein bestimmtes Fratello-Paar in den Vordergrund. Dabei werden regelmäßig neue Fragen rund um die Mädchen, ihre Partner, die Organisation und ihre Missionen aufgeworfen. Einige davon bleiben sogar unbeantwortet oder werden, bis zum gelungenen und eher unerwartet sanften und zugleich betrüblichen Ende, lediglich andeutungsweise aufgeklärt. Negativ wirkt sich das jedoch nicht aus, da Gunslinger Girl Staffel 1 vor allem einen kurzen Einblick in das Leben der kindlichen Killerinnen wirft und dabei auch heute, und somit über achtzehn Jahre nach Erstveröffentlichung, noch immer mit schönen Animationen überzeugen kann. Ähnliches gilt für die durchaus gelungene deutsche Synchronisation, bei der lediglich einige wenige Figuren etwas seltsam wirken und manche Dialoge misslungen sind. Insgesamt weiß Gunslinger Girl Staffel 1, auch dank des wunderschönen Soundtracks, audiovisuell noch immer zu überzeugen.
Fazit
Die Neuveröffentlichung von Gunslinger Girl Staffel 1 durch Hardball Films bringt die Serie nicht nur erstmals auf Blu-ray, sondern hat mir die Möglichkeit gegeben, die Action-Drama-Geschichte endlich nachzuholen. Dabei hat mich Gunslinger Girl mit der oftmals ruhigen und sanften Erzählweise durchaus überrascht. Statt einer klassischen Action-Serie rund um Killermädchen, habe ich eine weitaus ernstere und nachdenklichere Handlung mit gut geschriebenen Figuren erlebt. Sicher, einige Charaktere bleiben etwas blass, doch besonders die wichtigen Akteure wie Henrietta, Triela, Rico, Angelica und Claes sowie ihre Fratellos, werden ausreichend ausgearbeitet, und hinterlassen einen guten und tiefgründigen Eindruck. Dabei ist Gunslinger Girl Staffel 1 aufgrund ernster Themen deutlich bedrückender, als ich erwartet habe. Doch dadurch hat mir die Serie sogar besser gefallen, da nicht einfach nur plumpe Action mit niedlichen Killermädchen geboten wird. Bereits jetzt bin ich gespannt, wie die Geschichte in der zweiten Staffel von 2008 fortgesetzt wird. Wer eine etwas andere Action-Drama-Anime-Serie sucht, sollte Gunslinger Girl Staffel 1 unbedingt eine Chance geben.
Kurzfazit: Nachdenklich stimmende, ernste Action-Drama-Serie, die mit einer gekonnt erzählten Geschichte, gut geschriebenen Charakteren und bedrückenden Themen fesselt.
Vielen Dank an Hardball Films für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Gunslinger Girl Staffel 1 – Gesamtausgabe!
Details
Titel: Gunslinger Girl Staffel 1 – Gesamtausgabe
Originaltitel: Gunslinger Girl
Genre: Action, Drama
Regie: Morio Asaka
Studio: Madhouse Inc.
Produktionsjahr: 2003/2004
Laufzeit: ca. 325 Minuten (Blu-ray), ca. 325 Minuten (DVD)
Sprachen: Deutsch, Japanisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Booklet, 3 Postkarten
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 07. April 2022
Herstellerseite: Gunslinger Girl Staffel 1 – Gesamtausgabe (Blu-ray) bei Hardball Films
Gunslinger Girl Staffel 1 – Gesamtausgabe (DVD) bei Hardball Films
© Yu Aida / Media Works / Marvelous Inc. / Hardball Films