Rezension: The Caligula Effect 2 (Switch)

Gemeinsam mit der VirtuaDoll χ versuchen einige Schüler in The Caligula Effect 2 einer virtuellen Welt zu entkommen.

Etwa zweieinhalb Jahre nach der erweiterten und überarbeiteten Neuauflage von The Caligula Effect mit dem Untertitel Overdose, kehrt die japanische Rollenspiel-Reihe von Furyu und Historia zurück. The Caligula Effect 2 setzt auf die bekannten Gameplay-Mechaniken des Vorgängers und baut diese aus, während die Geschichte an den ersten Teil anknüpft. Dennoch ist es nicht zwingend notwendig, diesen gespielt zu haben, um der durchaus gelungenen Geschichte folgen zu können. Wie schon bei The Caligula Effect: Overdose gehören Handlung und Charaktere zu den größten stärken das japanischen Rollenspiels, weisen aber auch auffällige Gemeinsamkeiten mit dem Vorgänger auf.

Flucht aus einer virtuellen Welt

Die Geschichte von The Caligula Effect 2 ist in Redo, einer Welt frei von Schuld, angesiedelt. Hier folgen sämtliche Menschen dem Einfluss und der Musik der geheimnisvollen VirtuaDoll Regret. Gemeinsam mit ihren Musikern erschafft sie neue Songs und sorgt damit für ein vermeintlich gutes Leben der Bewohner von Redo. Als wahlweise weibliche oder männliche Hauptfigur, erkennen wir jedoch eines Tages, dass etwas mit unserer Umgebung nicht stimmt. Im Himmel klafft ein großes Loch und schon bald erfahren wir, dass wir in einer virtuellen Welt gefangen sind. Gemeinsam mit dem eingedrungenen VirtuaDoll χ stellen wir uns Regret und ihren Musikern entgegen, um aus Redo zu entkommen und in die reale Welt zurückzukehren. Dafür schließen wir uns mit anderen Schülern und Schülerinnen der Tatefushi-Akademie zusammen und arbeiten als Go-Home-Club auf unser großes Ziel hin.

Wer den Vorgänger gespielt hat, dürfte bereits Gemeinsamkeiten bei der Geschichte, die erneut auf eine Gefangenschaft in einer virtuellen Welt und der Flucht daraus setzt, erkennen. Genauso bilden wieder die unterdrückten Gefühle der Charaktere eine zentrale Rolle. Da sich The Caligula Effect 2 als Fortsetzung versteht, ist das aber verständlich, da die Handlung bekannte Themen aufgreift und früh anfängliche Ansätze für die Wiederholungen liefert. Was genau hinter allem steckt, finden wir im Laufe der immerhin ausreichend motivierenden Geschichte heraus.

Kämpfe mit Planung

Bevor sich die Handlung aber richtig entfalten kann, müssen wir den doch recht langen Anfang des Spiels überstehen. Dieser vermischt die Anfänge der Geschichte mit Tutorial, erstem Dungeon und zahlreichen Kämpfen. Dabei setzt The Caligula Effect 2 auf ein ähnliches System wie im Vorgänger. Das bedeutet, wir dürfen in den Kämpfen unsere Züge vorab planen. Kommen wir mit einem Gegner in Berührung, wechselt das Geschehen in eine Arena-Ansicht und wir wählen entweder nur für unsere Hauptfigur oder für alle Mitglieder unserer Gruppe die Aktionen aus. Statt diese jedoch direkt auszulösen, dürfen wir uns zuvor ansehen, welchen Effekt unsere Angriffe und Fähigkeiten haben und sogar mittels Zeitstrahl festlegen, wann im Kampf diese ausgelöst werden sollen. Auf diese Weise ist es etwa möglich, gezielt einen Gegner in die Luft zu befördern, damit anschließend ein anderer Charakter, mit einem dadurch noch wirksameren Fernangriff attackieren kann.

Da wir auch die Aktionen unserer Kontrahenten sehen, können wir unser Agieren auch an die feindlichen Angriffe anpassen und so möglichst Schaden vermeiden. Dank vieler neuer Ausrüstungsgegenstände, kontinuierlicher Verbesserungen unserer Gruppenmitglieder, kleinerer Individualisierungsmöglichkeiten der Charaktere und einem im Vergleich zum Vorgänger angehobenen Schwierigkeitsgrad, wird stets ausreichend Motivation geboten.

Optisch mau, musikalisch stark

Ebenfalls vorhanden sind wieder die zahlreichen Nicht-Spieler-Charaktere. Wie im Vorgänger treffen wir in der Tatefushi-Akademie, Einkaufs-Plaza und anderen Orte wieder etliche Figuren, die alle Namen und Beziehungen zueinander haben. Das wirkte schon im ersten Teil manchmal zu viel des Guten und ist es auch in The Caligula Effect 2 noch. Dazu kommen meist eher eintönig aufgebaute Dungeons, uninspirierte Quests und eine schwache Technik. Charakteranimationen sind nicht selten einfach restlos übertrieben oder komplett steif und auch sonst wirkt The Caligula Effect 2 grafisch oft eher wie ein Spiel, das auch für PlayStation 3 hätte erscheinen können. Nur manche optischen Effekte deuten auf modernere Zeiten hin. Wirklich schön sieht das Rollenspiel aber nie aus.

Dafür trumpft The Caligula Effect 2 wie schon der Vorgänger mit einem treibenden Soundtrack, der wunderbar flüssig zwischen Umgebungs-, Dungeon- und Kampfmusik wechselt. Letztlich ist The Caligula Effect 2 ein durchaus ordentliches Japan-Rollenspiel, das zwar technisch veraltet wirkt, dafür aber mit Geschichte und Kämpfen unterhalten kann. Wirklich im Genre hervorstechen kann der Titel von Furyuu, Historia und NIS America aber nicht.

Fazit

The Caligula Effect: Overdose habe ich trotz einiger Schwächen und ungenutztem Potenzial gerne gespielt. Mit The Caligula Effect 2 habe ich etwas größere Probleme. Das liegt nicht daran, dass es schlechter ist als der Vorgänger. Eher fällt die Qualität der beiden Japan-Rollenspiele recht ähnlich aus. The Caligula Effect 2 verbessert einige Kernmechaniken, verfeinert das gelungene Kampfsystem, bietet etwas anspruchsvollere Auseinnadersetzungen und eine durchaus interessante Geschichte mit gelungenen Charakteren. Aber immer wieder habe ich das Gefühl, das alles schon gesehen zu haben – und damit ist nicht die Handlung gemeint. Das Rollenspiel ähnelt für meinen Geschmack einfach zu oft dem Vorgänger, ohne sich eine eigene Identität aufzubauen. Zwingend negativ muss das natürlich nicht sein. Wer The Caligula Effect oder die erweiterte Overdose-Version gerne gespielt hat, dürfte auch mit The Caligula Effect 2 wieder Spaß haben. Angesichts der enorm starken Genre-Konkurrenz in diesem Jahr, wird es das Japan-Rollenspiel aber schwer haben.

Kurzfazit: Durchaus motivierendes Nischen-Japan-Rollenspiel, das stark an den Vorgänger erinnert, sein Potenzial nicht voll ausnutzt und unter schwacher Technik leidet, aber mit einer interessanten Geschichte und gelungenen Kämpfen unterhalten kann.

Vielen Dank an Koch Media und NIS America für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von The Caligula Effect 2!

Details
Titel: The Caligula Effect 2
Genre: Rollenspiel
Publisher: NIS America
Entwickler: Furyu Corporation
Spieler: 1
Syteme: Switch (getestet), PlayStation 4
Altersfreigabe: ab 12
Erscheinungsdatum: 22. Oktober 2021