Rezension: Gears 5 (Xbox One)
Gekürzter Name und spielerische Neuerungen, Gears 5 zeigt sich verändert, ohne sich wirklich neu zu erfinden.
Offenere Gebiete und Sekundärmissionen? Ist Gears 5 etwa ein Open-World-Spiel? Mitnichten. Im Kern bleibt der fünfte Teil der Reihe ein klassischer Deckungs-Shooter und gleichzeitig absoluter Anwärter auf die Genre-Krone. Wie schon in den Vorgängern rennen wir in Deckungen, wechseln diese schnell und warten die richtigen Momente ab, um Gegner aufs Korn zunehmen. Das fühlt sich so befriedigend an wie in den Vorgängern und zeigt einmal mehr, dass Gears eines der wohl befriedigendsten und besten Gun-Plays überhaupt hat. Das erstklassige Trefferfeedback und der Wumms hinter den abwechslungsreichen Schießeisen machen einfach Spaß und lassen uns jedes Feuergefecht genießen. Zudem sorgen Gegnervielfalt, unterschiedliche Schwachpunkte unserer Widersacher sowie das Nutzen der Umgebung für kleinere taktische Überlegungen und abwandelte Vorgehensweisen. So können wir etwa Eis zerschießen und unsere Gegner im kühlen Nass ertrinken lassen. Manchmal haben wir auch die Möglichkeit uns an Feinde anzuschleichen und ihre Zahl heimlich zu dezimieren. Die größte Stärke von Gears 5 bleiben aber die Schussgefechte. Highlights hierbei die spektakulären, erstklassig inszenierten Bosskämpfe, die uns stets einiges abverlangen und auch unterschiedliche Vorgehensweisen erfordern.
Zwischendurch offener
Gears 5 ist in vier Akte mit jeweils mehreren Kapiteln eingeteilt. Der erste und letzte Akt spielen sich dabei wie von der Reihe gewohnt. In linearen Schlauchleveln schreiten wir voran und treten regelmäßig gegen Massenweise Feinde an. Etwas anderes ist es im zweiten und dritten Akt. Hier öffnet sich Gears 5 und entlässt uns in die Tyrus-Eislandschaft und die Vasgar-Wüste, zwei weitläufige Gebiete in denen wir uns frei bewegen dürfen. Wirklich Open World ist das aber noch nicht, dafür bleiben die Abschnitte zu klein. Zu Fuß wären wir aber trotzdem viel zu lange unterwegs, weshalb uns ein Skiff als Fahrzeug zur Verfügung steht. Mit diesem fahren wir elegant und zügig durch Tyrus und Vasgar, suchen die Hauptmissionsorte oder widmen uns Sekundärmissionen genannten Nebenaufgaben. In diesen suchen wir etwa zwei Verschwundene Nonkons oder untersuchen Wracks. Vielleicht nicht allzu abwechslungsreich, aber trotzdem eine schöne Ergänzung, die uns außerdem sinnvolle Belohnungen beschert.
Außerdem füllen die Sekundärmissionen Tyrus und Vasgar etwas. Sonst passiert dort nichts. Keine Gegner, keine besonderen Ort oder Ereignisse. Gerade dadurch verliert Gears 5 unnötig an Geschwindigkeit und zieht sich etwas. Erkundung lohnt sich ebenfalls nur eingeschränkt. Die Stärke des Spiels liegt in den linearen Schlauch-Abschnitten. Trotzdem sind die offeneren Abschnitte kurz genug, um dem Spielspaß nicht zu schaden und könnten mit etwas mehr Abwechslung, auch besser funktionieren.
Zweigeteilte Geschichte
Die Geschichte von Gears 5 setzt nach dem Ende des vierten Teils ein. Neueinsteiger erhalten dank eines Rückblicks auf die bisherigen Ereignisse einen guten Einblick in den direkten Vorgänger. Wahlweise steht im Extras-Bereich noch ein Video zur gesamten Gears-Geschichte zur Verfügung. Lobenswert und ausreichend als grobe Zusammenfassung, allzu sehr ins Detail gehen die Rückblicke aber nicht. Gears-Veteranen werden sich sofort zu Hause fühlen, während Neulinge sich schnell zurecht finden. Zu Beginn schlüpfen wir in die Haut von Gears-of-War-4-Protagonist JD Fenix. Gemeinsam mit Kait Diaz und Delmont „Del“ Walker machen wir uns daran einen Satelliten des Hammers der Morgenröte, eine mächtige Waffe, die bereits in älteren Serienteilen eine Rolle spielte, zu starten. Das begleitet uns auch später noch durch die Geschichte, allerdings übernimmt ab dem zweiten Akt Kait die Hauptrolle und die Handlung wird persönlicher. Gemeinsam mit Del suchen wir in der Tyrus-Eislandschaft ein Labor, um mehr über Kaits Verbindung zum Schwarm, der den Planeten Sera in einen erneuten Krieg hüllt, herauszufinden. Obwohl die durchaus dramatische Geschichte in Teilen vorhersehbar ist, bleibt sie spannend genug, um uns an den Fernseher zu fesseln. Dabei ist Kaits Geschichte nicht nur besser erzählt, sondern auch interessanter.
Zu verdanken ist das auch speziell Kait als starkem Hauptcharakter und Del als sorgenvollem, sympathischen Begleiter. Viele Nebenfiguren wie Techniker Baird, Gears-of-War-Ikone Marcus Fenix sowie andere neue und bekannte Akteure fügen sich hervorragend ein. Problematisch wird die Erzählweise ausschließlich in den bereits erwähnten weitläufigeren Gebieten, die etwas Geschwindigkeit herausnehmen. Wirklich geschadet hat das unserer Motivation weiterzuspielen aber zu keiner Zeit. Viel mehr wollten wir unbedingt wissen, wie die Geschichte weitergeht und welches Schicksal Kait erwartet. Leider präsentiert Gears 5, wie schon der Vorgänger, ein relativ offenes Ende, das im nächsten Teil aufgegriffen werden dürfte.
Upgrades für Jack
Begleitet werden wir in Gears 5 abseits von unseren Kameraden auch noch von der Drohne Jack, die wir mit gefundenen Teilen regelmäßig verbessern dürfen. Dabei wird zwischen aktiven Angriffs- und Unterstützungs- sowie passiven Fähigkeiten unterschieden. Jack kann uns etwa mit einem Schild kurzzeitig schützen oder Schockfallen legen. Um neue Funktionen freizuschalten oder die stärksten Upgrades zu erhalten, müssen wir erst die richtigen Teile finden. Hier kommen die Sekundärmissionen und deren Belohnungen zum Tragen. Für einfache Updates reichen Komponenten, die wir überall in den Leveln finden können. Eine schöne und sinnvolle Erweiterung unserer persönlichen Drohne, nur die Beschreibungen der Upgrades und was diese genau bringen, könnten ein wenig genauer sein. Außerdem sind manche Fähigkeiten deutlich nützlicher als andere.
Ein wenig problematisch kann Jack in den Kämpfen werden, da der kleine Roboter nicht immer schlau agiert. So kam es vor, dass Jack in einer Mission einen zu schützenden Gegenstand getragen hat und trotzdem mitten in eine Gegnerhorde vor uns geflogen ist. Oder dass die Drohne am Boden liegende Kameraden nicht wiederbelebt hat. Das geht besser, wirklich geschadet hat es uns glücklicherweise nie. Im Koop-Modus übernimmt der dritte Spiele die Kontrolle über Jack, doch auch zu zweit oder alleine ist der kleine, fliegende Roboter ein nützlicher Begleiter.
Optische Brillianz & umfangreicher Mehrspieler-Spaß
Gears 5 sieht einfach fantastisch aus. Anders lässt es sich nicht ausdrücken. Wunderschöne, abwechslungsreiche Umgebungen, die von einer verfallenen, überwucherten Basis über ein geschäftiges Fischerdorf und ein unterirdisches Labor bis zu einem halb vom Sand verdeckten Flughafen reichen. Da stören dann auch einige wenige, kaum bemerkbare Nachladeruckler nicht mehr. Unterstrichen wird die grafische Opulenz von den detailreichen, lebendigen Figuren- und kreativen Gegner-Designs. Dazu gesellt sich eine gelungene Musikuntermalung, wuchtige Waffeneffekte und eine sehr gute deutsche Synchronisation.
Wie schon die Vorgänger, präsentiert sich Gears 5 mit einem umfangreichen Mehrspieler-Angebot, das einige Spieler mehr interessieren dürfte als die Geschichte. Aufgeteilt ist der Mehrspieler-Modus in Versus, Flucht und Horde, die alle über das Hauptmenü ausgewählt werden können. Klassische Fünf-gegen-Fünf-PvP-Matches in verschiedenen Variationen wie Team Deathmacht oder King of the Hill tragen wir bei Versus aus. Schön ist hierbei die Möglichkeit der Anpassungen, die uns etwa Länge oder Karte bestimmen lassen. Horde ist wie üblich die Verteidigung gegen nahende Gegnerwellen bei denen wir unseren Fabrikator, der uns beispielsweise neue Waffen oder Geschütztürme herstellen lässt, beschützen. Gänzlich neu ist hingegen Flucht. In diesem Modus dringen wir in einen Schwarmbau ein und zünden dort eine Bombe, die nach sechzig Sekunden langsam Gas in den Gängen verteilt, während wir versuchen, aus dem verwinkelten Bau wieder zu entkommen. Das bringt angenehme Abwechslung, da uns der Zeitdruck zwingt, wesentlich schneller vorzugehen, als wir es von der Gears-Reihe gewohnt sind. Damit rundet der Mehrspieler-Modus Gears 5 als herausragenden Shooter mit kleineren Schwächen wunderbar ab.
Fazit
Als Gears-Veteranen würde ich mich nicht bezeichnen. Dafür habe ich zu wenige Teile gespielt. Trotzdem mag ich die Reihe aufgrund des Science-Fiction-Szenarios, Action-Gameplays und Designs. Gears 5 hat mir gerade in der Kampagne viel Spaß gemacht und mit Spannung habe ich jede neue Informationen über Kaits Verbindung zum Schwarm aufgenommen. In Teilen mag das vorhersehbar sein, gestört hat mich das aber nicht. Dafür hat mich die beim Erzähltempo zwischendurch etwas schwächelnde, manchmal etwas flache Geschichte zu gut unterhalten. Zu verdanken ist das neben der Handlung und den Charakteren natürlich auch dem erstklassigen Gameplay. Die Waffen fühlen sich wuchtig an, Gegner erfordern unterschiedliches Vorgehen und besonders die Bosskämpfe sind spektakulär. Abgerundet wird das von einem umfang- und abwechslungsreichen Mehrspieler-Paket, verpackt in grafische Opulenz. Gears 5 ist ein sehr guter Deckungs-Shooter, klarer Anwärter auf die Genre-Krone und für mich einer der besten Shooter des Jahres.
Kurzfazit: Trotz kleinerer Schwächen ist Gears 5 dank erstklassigem Gameplay, spannender Geschichte und umfangreichem Mehrspieler-Modus einer der besten Shooter des Jahres.
Vielen Dank an Microsoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Gears 5!
Details
Titel: Gears 5
Genre: Action
Publisher: Xbox Game Studios
Entwickler: The Coalition
Spieler: 1-3
Syteme: Xbox One (getestet), PC
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 10. September 2019
© Microsoft / Xbox Game Studios / The Coalition