Rezension: Das Land der Juwelen – Band 1 (Manga)
Das Land der Juwelen Band 1 erzählt von menschgewordenen Juwelen, die ihren Aufgaben folgen und sich gegen das Mondvolk wehren.
In der fernen Zukunft haben sechs Meteoriten die Welt verwüstet. Aus sechs abgesplitterten Teilen sind Monde entstanden, die das spärliche Land umkreisen. Umgeben von Ozeanen leben einige Edelsteine in Gestalt von Menschen und verteidigen sich gegen die Bewohner der Monde, die aus den Körpern der Juwelen Schmuck herstellen wollen. Das Dasein der Edelsteine folgt klaren Strukturen und jeder hat eine feste Aufgabe. Nur Phosphopyllit, von allen Phos genannt, nicht. Gerne würde Phos auch gegen das Mondvolk kämpfen, aber es ist zu gefährlich, da Phos zu zerbrechlich und für den Kampf ungeeignet ist. Nach langer Zeit erhält Phos die Aufgabe eine Enzyklopädie über die Natur und Geschichte der Welt zu verfassen.
Geschlechtsloser Edelstein-Alltag
Das Land der Juwelen ist in vielerlei Hinsicht besonders. Die faszinierende, emotionale und magische Geschichte samt liebenswerter Figuren auf der einen Seite und die Geschlechtslosigkeit der Charaktere auf der anderen. Phos, Dia, Bort und die anderen sind weder weiblich noch männlich. Um diesen Aspekt der Geschichte auch ins deutsche zu übertragen, wurde bei der Übersetzung auf das geschlechtsneutrale Pronomen „Xier“ gesetzt. Eine entsprechende Konjugations-Tabelle ist am Ende des ersten Bandes zu finden. Obwohl die Texte dadurch etwas ungewohnt sind, liest sich Das Land der Juwelen bereits nach einer sehr kurzen Eingewöhnungsphase überaus flüssig. Nur gelegentlich ist es erforderlich nachzuschauen, was ein Begriff nun genau für ein Pronomen ist und mit der Zeit fällt das sogar ganz weg. Hier zeigt sich eine interessante Möglichkeit, die sinnvoll eingesetzt wurde und eine gute Variante darstellt, um dem Original inhaltlich und sprachlich möglichst nah zu sein.
Weitaus wichtiger ist aber, dass Das Land der Juwelen Band 1 in Sachen Geschichte und Charaktere überzeugen, sogar faszinieren kann. Wie bereits erwähnt, ist der Manga etwas besonders, sticht hervor und ist trotz einer etwas komplexeren Handlung überaus angenehm zu lesen. Die Welt der Juwelen hat etwas Magisches und gleichzeitig Vergnügtes und Bedrückendes an sich. Nicht jeder Edelstein hat ein schönes Leben, nicht alle in dieser tristen und doch schönen Welt ist glücklich. Obwohl aufgrund der Verteidigung gegen das Mondvolk auch Kämpfe enthalten sind, artet Das Land der Juwelen niemals zum Action-Manga aus. Viel mehr ist die sanft erzählte Geschichte von Phos ein Fantasy-Alltags-Drama mit allerlei Mysterien und Geheimnissen, die viel dazu beitragen, dass es schwer fällt den Band wieder aus der Hand zu legen.
Phos als Hauptfigur ist der jüngste Edelstein und gilt als ungeschickt, verspielt und verträumt, weshalb auch keine Aufgabe für es geeignet scheint. Für den Kampf ist Phos zu zerbrechlich. Bereits kleine Berührungen der anderen Juwelen können dazu führen, dass Splitter abbrechen. Doch auch bei anderen Aufgaben hat sich Phos eher ungeschickt angestellt, weshalb die Erstellung einer Enzyklopädie ansteht. Allerdings bleibt es nicht dabei und Phos richtet im Laufe der sechs Kapitel des ersten Bandes die Aufmerksamkeit auf ein anderes Problem. Angereichert wird das alles von den zwischenmenschlichen Beziehungen der Edelsteine zueinander, persönlichen Schicksalen wie im Fall von Cinnabarit oder Diamant sowie sich abzeichnenden Problemen. Dabei bleibt Das Land der Juwelen Band 1 stets so anspruchsvoll, das ein gewisses Maß an Konzentration erforderlich ist. Zusätzlich brilliert der Manga mit einer magisch anmutenden Atmosphäre, die besonders von den wunderschönen, sanften Bildern getragen wird. Der oft fokussierte und spärliche, manchmal aber detaillierte Einsatz von Hintergründen geht Hand in Hand mit den bezaubernden Charaktermodellen. Diese weisen bei den Edelsteinen eher weibliche Züge auf, während der Anführer Magnifizenz Brillant eher männlich wirkt. Gemeinsam mit der Geschichte verzaubern die Bilder und sorgen für ein einzigartiges Manga-Erlebnis, das zum Auftakt voller faszinierender Idee ist.
Fazit
Wenn ich mich nicht grundsätzlich mit möglichst vielen Manga-Neuerscheinungen zumindest grob beschäftigte, wäre Das Land der Juwelen Band 1 an mir vorbeigegangen. Die letztjährige Anime-Umsetzung habe ich nicht gesehen und auch sonst war mir der Manga bisher kein wirklicher Begriff. Die Handlung und das schöne Coverartwork haben jedoch mein Interesse geweckt und im Nachhinein bin ich froh darüber. Das Land der Juwelen Band 1 ist ein faszinierender, ideenreicher Ausnahme-Manga, der nicht nur aufgrund der geschlechtsneutralen Charaktere und der Xier-Pronomen-Verwendung hervorsticht, sondern auch mit der magischen, mysteriösen Geschichte. Phos ist eine sympathische, liebenswerte Hauptfigur, die ich gerne in ihrem Alltag begleite. Mehrmals hat mich Das Land der Juwelen Band 1 mit Wendungen überrascht, neue, interessante Charaktere eingebaut oder die faszinierende Welt dargestellt. Alleine deshalb bin ich schon gespannt auf den Nachfolger. Verstärkt wird das noch zusätzlich durch das unerwartete, überaus neugierig stimmende Ende. Das Land der Juwelen Band 1 ist ein außergewöhnlicher Auftakt-Manga, der definitiv einen Blick wert ist.
Kurzfazit: Faszinierend, außergewöhnlich und vielfältig ist Das Land der Juwelen Band 1 und überzeugt mit einer ideenreichen, emotionalen Geschichte, magischer Atmosphäre und liebenswerten Charakteren.
Vielen Dank an Manga Cult für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Das Land der Juwelen – Band 1!
Details
Titel: Das Land der Juwelen – Band 1
Originaltitel: Hōseki no Kuni
Genre: Drama, Coming of Age, Fantasy, Action
Verlag: Manga Cult
Mangaka: Haruko Ichikawa
Seiten: 192
Preis: 10,00 €
ISBN: 978-3-96433-104-5
Verlagsseite: Das Land der Juwelen – Band 1 bei Manga Cult
Erscheinungsdatum: 17. Oktober 2018
© Haruko Ichikawa / Kodansha Ltd. / Manga Cult