Rezension: Tenjo Tenge – Collector’s Edition (Blu-ray)
Kampf-Action mit übersinnlichen Kräften und einer guten Portion Ecchi bilden das Rezept für die von Nipponart als Collector’s Edition veröffentlichte Serie Tenjo Tenge.
Die Todo-Akademie ist ein hartes Pflaster. An der von Kampfkünste dominierten Schule sind Konfrontationen und Kämpfe zwischen Schülern normal. Das müssen auch Soichiro Nagi und Bob Makihara, die von ihrer eigenen Stärke mehr als überzeugt sind, erkennen. Ihr Plan, die Macht über die Schule an sich zu reißen, scheint zwar erst aufzugehen, doch dann treffen sie auf Maya Natsume, die Soichiro mit nur einem Tritt ausschaltet. Soichiro und Bob lernen auf die Harte Tour, dass nicht nur die Chefin des Juken-Clubs überaus stark und versiert in Kampfkünsten ist, sondern auch andere Schüler. Schon bald geraten sie mit dem Exekutiv Komitee, das die Selbstveraltung der Schüler darstellt und die wahre Macht an der Schule hat, aneinander. Doch auch Maya hat noch eine Rechnung mit Mitsuomi Takayanagi, dem Präsidenten des Komitees offen. Gemeinsam mit dessen Bruder Masataka und ihrer eigenen kleinen Schwester Aya bildet sie den Juken-Club, dessen Fehde zum Exekutiv Komitee durch die Ankunft von Soichiro und Bob zu eskalieren droht.
Zweischneidig
Tenjo Tenge ordnet sich klar in die Riege der Kampf-Action-Animes mit Ecchi-Elementen ein. Im Mittelpunkt der Handlung stehen über weite Teile die Konflikte und Kämpfe zwischen den verschiedenen Charakteren. Dabei wird die Geschichte auf zwei Ebenen erzählt. Beginnt Tenjo Tenge in der Gegenwart, macht die Serie nach einigen Episoden den Sprung in die Vergangenheit und liefert in einem längeren Rückblick Antworten, zu bisher aufgekommenen Fragen. Dieser Sprung passiert zweimal, so dass der Vergangenheits-Handlungsbogen die beiden enthaltenen OVAs zur 24-teiligen Serie mit eingerechnet, etwa die Hälfte der Serie ausmacht. Leider funktioniert die Geschichte nur bedingt und immer wieder auftretende Logiklücken oder unverständliche Entscheidungen und Handlungsweisen der Figuren sorgen für Kopfschütteln. Allgemein wirken die nur selten überraschenden oder gelungenen Wendungen oft gewollt, um den Konflikt und die Dramatik weiter voranzutreiben. Das trifft zwar auch auf so einige andere Serien und Filme zu, doch bei Tenjo Tenge fällt es besonders auf.
Bedauerlich, da die grundlegende Geschichte durchaus Potenzial hat. Der Kampf um die Macht an einer speziell durch Kampfkünste hervorstechenden Schule, mag in so manch anderer Serie besser umgesetzt sein, dennoch funktionieren die Grundlagen. Problematisch wird es jedoch, weil es Tenjo Tenge gerne übertreibt. Nicht nur, dass Schüler mehrfach halb Tod geprügelt werden, sprechen die Charaktere auch häufiger davon, dass sie einen Gegner umbringen wollen oder dass es jederzeit im Kampf dazu kommen könnte. Hier wirkt Tenjo Tenge trotz aller Rücksichtnahme auf die Prämisse und Art der Serie an mancher Stelle zu unrealistisch und in einigen Szenen kam mir der Gedanke, dass selbst eine renommierte und speziell darauf ausgelegte Schule wie die Todo-Akademie nicht jedes Ereignis unbeschadet überstehen würde – egal wie viele Menschen mit Einfluss und Macht im Hintergrund ihre Finger im Spiel haben. Hier wäre manchmal weniger doch besser gewesen. Schafft man es jedoch diesen Aspekt außer Acht zu lassen, kann Tenjo Tenge durchaus durch die gut inszenierte, übertriebene und mit übersinnlichen Fähigkeiten unterlegten Kämpfe überzeugen.
Besonders gilt das für die Vergangenheits-Abschnitte, die zwar auf die gelegentlichen Comedy-Einlagen verzichten und auch den Ecchi-Anteil angenehmer Weise in den Hintergrund treten lassen, dafür aber die weitaus interessantere und spannendere Geschichte erzählen. Auch hier sind nicht alle Beweggründe und Handlungen immer nachvollziehbar, doch immerhin wollte ich wissen, was genau zwischen Maya und Mitsuomi vorgefallen ist, dass eine solche Fehde zwischen ihnen entstanden ist. Leider ist die Auflösung etwas unklar und oberflächlich. Es ist nicht vollständig verständlich, was genau die Probleme zwischen den beiden sind. Zwar ist Mayas Hass auf Mitsuomi in gewisser Weise nachvollziehbar, doch bleiben zu viele Fragen offen und die Geschichte insgesamt zu lückenhaft – auch wegen des überaus offenen Endes, das trotz der OVAs keinen richtigen Abschluss erhält. Schade, da auch hier Potenzial verschenkt wird. Eine reine Konzentration auf eine der beiden Zeitebenen hätte der Serie vielleicht gut getan, auch wenn dies nicht der Manga-Vorlage von Oh! great entsprochen hätte.
Charakterschwächen
Das gilt auch für die Charaktere an sich. Zu Beginn ist nicht ganz klar, wer denn nun als Hauptfigur aufgebaut werden soll. Aya? Soichiro? Oder doch Maya? Die Serie nutzt zwar die vorhandenen Möglichkeiten und führt zahlreiche weitere Figuren ein, schafft es aber nicht immer ein klares Bild zu zeigen. Zusätzlich wird der Aufbau des Protagonisten – bei dem es sich wohl um Soichiro handelt – durch die Vergangenheits-Rückblicke in denen Maya, ihr Bruder Shin und Mitsuomi im Mittelpunkt stehen, gestört. Soichiro und Aya spielen hierbei keine Rolle. Zwar schafft sich Tenjo Tenge dadurch ein ordentliches Ensemble mit mehreren tragenden und durchaus dramatisch-tragischen Figuren, wirkt aber auch etwas sprunghaft. Außerdem werden Charakteraufbau und -entwicklung bei vielen wichtigen Akteuren unterdrückt, so dass sie abseits der Stereotypen blass bleiben. Lediglich Maya, die in beiden Zeitebenen eine wichtige Rolle einnimmt, erhält ein breiter gefächertes Profil, das dennoch an Tiefgang vermissen lässt und Lücken aufweist. Etwa bleibt die Serie die Antwort schuldig, wie sie sich in nur zwei Jahren derart entwickeln konnte. Dass es zudem nur bedingte Sympathieträger gibt, macht es schwierig mit den Figuren mitzufiebern. Zwar habe ich ein gewisses Interesse am Schicksal von Soichiro, Maya, Aya, Bob und Masataka entwickelt, doch das eher aufgrund ihrer Situation, als wegen ihren Persönlichkeiten. Teilweise vorhandene, sympathische Eigenschaften erleichtern das immerhin ein wenig und so entsteht auch etwas Mitgefühl oder Verständnis. Insbesondere für Aya.
Dafür, dass Tenjo Tenge bereits über dreizehn Jahre alt ist, kann sich die Serie auch heute noch sehen lassen. Auf eine Skalierung auf echte 16:9 wurde glücklicherweise verzichtet und so kann das mit schwarzen Balken erzeugte HD-Bild durch eine ordentliche Schärfe überzeugen. Dazu kommen die für die damalige Zeit durchaus guten Animationen, die jedoch in manchen Szenen etwas seltsam wirken oder durch kleinere Schwächen getrübt werden. Das Charakterdesign hingegen ist Geschmackssache und kann als Überzeichnung betrachtet werden. Seien es die etwas zu schlanken weiblichen Körper mit enormer Oberweite wie bei Aya und Maya oder die übertrieben muskulösen Körper männlicher Figuren wie Mitsuomi. Trotzdem zeichnet sich die Serie durch einen hohen Widererkennungswert aus und die Charaktere passen durchaus zur Art der Serie, so dass das Design nicht störend auffällt. Begleitet wird die Serie von einer gelungenen Sound- und Musikuntermalung sowie der ordentlichen deutschen Synchronisation.
Fazit
Schon das Genre von Tenjo Tenge lässt nicht auf eine tiefgründige Geschichte schließen. Das ist jedoch nicht schlimm, schließlich kann ein Action-Anime mit Ecchi-Einlagen unterhaltsam sein. Andere Genre-Vertreter haben das bereits mehrfach bewiesen. Auf Tenjo Tenge trifft das nur teilweise zu. Es ist nicht so, dass ich die Serie nicht mag oder mich beim Ansehen gelangweilt hätte. Lässt man sich einfach nur berieseln und denkt über Wendungen und Handlungsweisen nicht weiter nach, wiegen viele der Schwächen nur bedingt. Trotzdem sind die Logik- und Geschichtslücken vorhanden und zudem überaus bedauerlich, da die Serie vorhandenes Potenzial verschenkt. Mit einem klareren roten Faden, einer besseren Charakterdarstellung und mancher besser inszenierten Wendung, hätte Tenjo Tenge viele Schwächen vermeiden können. Schade, da ich mir etwas mehr von der Serie erhofft hatte und so auch durch das Fehlen eines klaren Sympathieträgers nur ein mittelmäßiger Genre-Vertreter zurückbleibt. Kurzweilig unterhalten kann dieser, aber es gibt bessere, vergleichbare Serien – egal ob mit oder ohne Ecchi-Elemente.
Kurzfazit: Tenjo Tenge stellt sich trotz interessanter Ansätze als durchwachsen mit Storylücken und einigen Schwächen, auch in der Charakterdarstellung, heraus.
Vielen Dank an Nipponart für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Tenjo Tenge – Collector’s Edition!
Details
Titel: Tenjo Tenge
Originaltitel: Tenjo Tenge
Genre: Action, Ecchi
Regie: Toshifumi Kawase
Studio: Madhouse
Produktionsjahr: 2004
Laufzeit: ca. 650 Minuten
Sprachen: Deutsch (PCM 2.0), Japanisch (PCM 2.0)
Untertitel: Deutsch
Extras: Sticker, Poster
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 24. November 2017
Herstellerseite: Tenjo Tenge – Collector’s Edition bei Nipponart
Bilder ©Oh! Great · SHUEISHA/ avex