Rezension: Project Itoh: The Empire of Corpses (Blu-ray)
Industrielle Revolution durch Leichentechnologie auf Basis von Dr. Frankensteins Schöpfung. Damit setzt sich Dr. John Watson in The Empire of Corpses auseinander.
London in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf Basis von Dr. Victor Frankensteins Arbeiten hat sich die Leichentechnologie weltweit etabliert. Zurück ins Leben geholte Leichen sind als Soldaten, Arbeiter und Diener tätig und zu einem essenziellen Bestandteil der Wirtschaft geworden. Allerdings wird das Wissen um die Leichentechnologie und das Wiedererwecken von Toten als Staatsgeheimnis behandelt. Dennoch beschäftigt sich der junge John Watson damit, da er seinen Freund Friday wiederbeleben möchte. Kaum hat er sein Ziel erreicht, wird er geschnappt und muss fortan als Geheimagent für die britische Regierung arbeiten. Diese schickt ihn auf die Spur eines russischen Leichentechnikers, der versucht mit bewaffneten Toten ein neues Königreich zu erschaffen. Außerdem sollen sich die seit langem verschwundenen Notizen Victor Frankensteins in seinem Besitz befinden. Für Watson beginnt eine lange Reise, die ihn nach Indien, Afghanistan, Japan und auf die Spur von Frankensteins erster Kreatur führt.
Steampunk-Zombies
The Empire of Corpses gehört zu einer Film-Trilogie, deren Teile jeweils von einem anderen Studio stammen und auf Romanen des bereits mit 34 Jahren verstorbenen japanischen Autors Satoshi Itoh, der als Project Itoh bekannt ist, basieren. Für die Umsetzung des zweistündigen Anime-Films zeichnet sich Wit Studio (u.a. Attack on Titan) unter der Regie von Ryotaro Makihara verantwortlich. Die Geschichte führt in die Zeit der industriellen Revolution, verbindet diese aber mit der auf Victor Frankensteins Arbeit basierenden Leichentechnologie. Die Prämisse, Tote wiedererwecken zu können, um sie als Soldaten, Arbeiter oder Diener einzusetzen, deutet auf die Schaffung einer neuen, niederen Klasse hin. Schließlich erhalten die Wiedererweckten lediglich eine künstliche Seele und sind somit weder in der Lage zu sprechen, noch etwas zu fühlen. Viel mehr werden sie wie Maschinen für ihre jeweilige Aufgabe programmiert. Leider geht The Empire of Corpses nur bedingt auf die Folgen der Leichen für die einfache, arbeitende Schicht, die theoretisch durch den Einsatz der Toten ihre Arbeit verlieren, ein. Dennoch erhält der Film genügend kritische und tiefgründige Fragen, um darüber hinweg sehen zu können.
So wird früh die Frage nach der Seele gestellt und was diese eigentlich ist oder weshalb sie der Theorie nach genau 21 Gramm wiegt. Hier findet sich auch einer der Beweggründe für John Watson, sich mit Leichentechnologie zu beschäftigen. Einst gemeinsam mit seinem Freund Friday, den er zurück ins Leben holt. Durch den stets an der Seite des jungen Wissenschaftlers agierenden Wiedererweckten, wird die Existenz wandelnder Toter immer wach gehalten. Auch wie simpel ihre Funktionen sind. Friday kann zwar schreiben und somit sogar als Dolmetscher für Watson und seine Begleiter tätigt sein, sich selbst aber nicht artikulieren oder etwas empfinden. Letztlich ist er nur so etwas wie ein Werkzeug, was moralische Fragen mit dem Umgang mit Leichen aufwirft. Doch auch diese bleiben nur ein kleiner Teil des Films. Weitaus mehr konzentriert sich die rasant erzählte und manchmal etwas schnell entwickelnde Geschichte auf die Suche nach Victor Frankensteins Notizen und der Bedrohung die von diesen ausgeht. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten genutzt, um aufzuzeigen, wie gefährlich das bloße Vertrauen auf eine Technologie und das blinde Weiterentwickeln und Erforschen von dieser sein kann und wohin Besessenheit, egal wie verständlich die Gründe sein mögen, führen kann. Angesichts der wandelnden Toten überrrascht es wenig, dass The Empire of Corpses zeitweise zu einer Art Zombie-Film samt entsprechender Action-Einlagen wird. Allerdings passen diese Elemente gut in die Geschichte und fallen somit nicht störend auf.
Schnell erzählt
Neben der etwas zu schnellen und manchmal holprigen Erzählweise, bergen die Charaktere eine der größten Schwächen von The Empire of Corpses. Fallen einige etwas zu klischeehaft aus und erfüllen nur innerhalb dieses Rahmens ihre Rollen, sind die Beweggründe anderer nicht immer nachvollziehbar, was ihre Handlungen unverständlich und manchmal auch unlogisch erscheinen lässt. Letzteres gilt gerade für John Watson, der verbissen an seinen Ansichten festhält und manchmal fast schon fanatisch agiert, bevor er in der zweiten Hälfte des Films eine Einsicht hat. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird die Struktur der Geschichte deutlicher und altbekannte Elemente lassen erahnen in welche Richtung sich das Finale entwickelt. So schafft es The Empire of Corpses zwar mit unerwarteten Wendungen zu überraschen, verläuft dann aber doch auf eine Weise, die eigentlich vorhersehbar wäre, würde man nicht aufgrund des Spiels mit den Erwartungen, genau mit so etwas nicht mehr rechnen. Trotzdem enttäuschen manche Handlungselemente ein wenig und gerade zum Ende hin wird der Film etwas wirr. Manche Ereignisse, gerade mit Bezug auf die Leichentechnologie, bleiben zu unklar und es wird nicht deutlich, weshalb etwas genauso geschieht, wie es geschieht. Dadurch müssen manche Dinge einfach akzeptiert werden und es entsteht der Eindruck, dass teilweise einzig und allein, um Action und Effekte zu unterstützten, diverse Elemente eingebaut wurden. Dem allgemeinen Unterhaltungswert schadet das jedoch nicht, auch wenn man grundsätzlich etwas mit komplexeren Handlungen und Dialogen anfangen können muss, um Spaß mit The Empire of Corpses zu haben.
Technisch ist der Film von 2015 gut umgesetzt. Die Animationen sind flüssig und nur selten hat sich das Team hierbei Schwächen geleistet. Besonders bei den Effekten brilliert The Empire of Corpses zudem und schafft es so gemeinsam mit dem hervorragenden Charakterdesign des Künstlers redjuice, den passend tristen, aber dennoch kräftigen Farben und den detailliert gestalteten Umgebungen eine erstklassige Steampunk-Atmosphäre aufzubauen. Dazu gesellt sich die gelungene deutsche Synchronisation, die keine großen Schwächen offenbart.
Fazit
Seit der Lizenz-Ankündigung von Kazé und dem ersten Trailer, habe ich mit großem Interesse auf The Empire of Corpses gewartet. Vollkommen erfüllen konnte der erste Film der Project-Itoh-Trilogie meine Erwartungen jedoch nicht. Angesichts des ungewöhnlichen Settings und der Grundlage der drei Filme, war diese wohl auch etwas zu hoch. Außerdem erweckte der Trailer, den ich zum Film gesehen hatte, einen gänzlich anderen Eindruck. The Empire of Corpses ist weitaus komplexer und teilweise auch tiefgründiger, als erwartet. Das ist jedoch positiv, da so ernste Thematiken, die der Film aufwirft, auch angemessen behandelt werden. Leider verliert sich die Geschichte aber immer mehr in Watsons Weg und der Konfrontation mit seinen Gegenspielern. Auch ist die Erzählweise etwas zu schnell und dadurch an mancher Stelle etwas holprig. Nicht immer sind die schnellen Entwicklungen vollkommen nachzuvollziehen und auch das Handeln mancher Figuren scheint gelegentlich unlogisch. Dennoch hat mich The Empire of Corpses durch eine stets vorhandene Spannungskurve, die interessante Geschichte und das erstklassig umgesetzt Setting gut unterhalten.
Kurzfazit: The Empire of Corpses überzeugt mit einer spannenden Geschichte und dem interessanten Setting, leidet aber unter der schnellen Erzählweise und manchen nicht ganz nachvollziehbaren Entwicklungen.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Project Itoh: The Empire of Corpses!
Details
Titel: Project Itoh: The Empire of Corpses
Originaltitel: Shisha no Teikoku
Genre: Fantasy, Science-Fiction, Horror, Steampunk
Regie: Ryotaro Makihara
Studio: Wit Studio
Produktionsjahr: 2015
Laufzeit: ca. 120 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Bonus: Film auf DVD
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungstermin: 28. April 2017
Herstellerseite: Project Itoh: The Empire of Corpses bei Kazé Anime
Bilder Copyright Wit Studio / Kazé Anime