Rezension: Persona 5 (PS4)
Anfang April ist mit etwas Verzögerung endlich Persona 5 erschienen und beweist, weshalb sich die lange Wartezeit gelohnt hat.
Nach fast achtjähriger Wartezeit ist vergangenen September der fünfte Teil der einstigen Shin-Megami-Tensei-Spin-off-Reihe Persona in Japan erschienen. Wie bei japanischen Rollenspielen auch heute häufig üblich, mussten sich Spieler im Westen noch länger gedulden. Mittlerweile ist Persona 5 auch bei uns erhältlich und ermöglichst es euch, als selbst benannter Protagonist, die Abenteuer der Phantom Thieves zu erleben. Klassisch für die Reihe dient als Setting der normale japanische Schulalltag, ergänzt durch mysteriöse Fantasy-Elemente und eine Parallelwelt, das Metaverse.
Alltag eines Schülers
Persona 5 beginnt nach dem stylischen Intro in einem kurzen Tutorial-Abschnitt, in dem erstmals einige der wichtigsten Spielelemente vermittelt werden. Doch bereits nach kurzer Zeit findet ihr euch in Polizeigewalt in einem Verhörzimmer wieder. Nachdem der Protagonist seinen Namen erhalten hat, beginnt die eigentliche Geschichte als Rückblende. Langsam erfahrt ihr dadurch, was in den vergangenen Monaten geschehen ist und weshalb ihr festgenommen wurdet. Als Oberschüler zieht ihr eher unfreiwillig nach Tokio. Das ist Bestandteil der Strafe, die dem Protagonisten aufgrund einer Straftat, die er vielleicht begangen, vielleicht aber auch nicht begangen hat, auferlegt wurde. Zum Umzug in die Großstadt gehört auch der Wechsel an die Shujin Academy.
Fortan gilt es, das Leben eines typischen Oberschülers zu leben. Unterricht, Freundschaften schließen und pflegen, die Stadt erkunden und allerlei mehr bestimmt euren Alltag. Das ist, wie in den Vorgängern, eine der Spielhälften von Persona 5 – und mindestens genauso wichtig wie das Erkunden von Dungeons. Die Beziehung zu euren Freunden (und Gruppenmitgliedern) ist eklatant wichtig und gewährt neben hilfreichen Boni auch erhöhte Erfahrung beim Fusionieren der für den Kampf wichtigen Persona. Gleichzeitig gilt es die fünf sozialen Statuswerte Freundlichkeit, Wissen, Mut, Können und Charme durch diverse Tätigkeiten wie Lesen, Lernen oder Trainieren zu steigern. Die Werte haben maßgeblichen Einfluss auf euer tägliches Leben und können bestimmen, ob ihr eine Beziehung vertiefen könnt oder wie ihr in einer Prüfung abschneidet.
Herzensdiebe
Die zweite Hälfte von Persona 5 tritt ebenfalls recht früh in Kraft: Dungeon-Crawling. Allerdings ist bei Persona 5 etwas anderes darunter zu verstehen als in üblichen Genre-Vertretern und auch den Vorgängern. So spielt ein maßgeblicher Teil der Geschichte in der als Metaverse bekannten Parallelwelt. Aufgrund besonderer Fähigkeiten ist es dem Protagonisten und einigen seiner neuen Freunde möglich, die wahre Natur von Menschen im Metaverse zu erkennen und dort ihre Herzen zu stehlen, damit die betroffene Person sich in der realen Welt verändert und begangene Sünden und Verbrechen beichtet. Hierbei setzten die Entwickler auf düstere und emotionale Themen, auf die aus Spoilergründen nicht näher eingegangen werden soll. Es sei aber so viel verraten, dass keiner der Widersacher von Grund auf böse ist. Genauso wie alle anderen Charaktere in Persona 5 sind sie vielschichtig geschrieben. Auf reine Schwarz-Weiß-Malerei wird verzichtet. Das trägt maßgeblich zur Spannung der Geschichte bei und erzeugt zeitweise sogar Zweifel, ob man richtig handelt.
Dennoch bleibt das Ziel klar: als Phantom Thieves gilt es die Herzen einiger Menschen zu stehlen, damit sich deren Persönlichkeit ändert. Dadurch wächst zudem der Bekanntheitsgrad der Gruppe. Wichtiges Element sind dabei die Dungeons, die alle individuell und passend der jeweiligen Sünden der betroffenen Personen gestaltet sind. Begründet ist das dadurch, dass die als Paläste bezeichneten Dungeons zeigen, wie das Ziel seine Umgebung tatsächlich wahrnimmt. Statt einfach nur aneinander gereihter Gänge, ergeben sich so abwechslungsreiche und durchdacht gestaltete Level, deren Erkundung gut überlegt sein will. Ihr rennt nicht einfach durch die Gänge, sondern plant eure Infiltration gezielt und sucht nach den besten Wegen, um an euer Ziel zu kommen. Dafür steht auch ein Deckungssystem zur Verfügung. Hinter Säulen, Kisten und allerlei anderen logisch in den Dungeons verteilten Möglichkeiten versteckt ihr euch, um nicht sofort von Gegnern gesehen zu werden. Entweder schleicht ihr nun um diese herum oder attackiert sie aus dem Hinterhalt, was Vorteile im Kampf bietet.
Stylische Herausforderung
Leicht fällt Persona 5 dabei nicht aus. Bereits auf dem normalen Schwierigkeitsgrad stellt euch das Rollenspiel vor eine Herausforderung. Kleinste Unachtsamkeiten können schnell zum Ableben und zurücksetzen an den letzten Speicherpunkt führen. Klassisch rundenbasiert gilt es, Angriffe oder von den Persona abhängige Zauber und Fähigkeiten einzusetzen. Der Protagonist ist der Einzige, der mehrere der titelgebenden Begleiter bei sich haben kann. Wichtig ist es, die Schwächen der Gegner herauszufinden und diese gezielt anzugreifen. Dafür stehen zahlreiche Elemente, physische Angriffe und die zurückgekehrten Schusswaffen, deren Munition begrenzt ist, zur Verfügung. Allerdings können auch die Gegner die Schwächen eurer Persona ausnutzen. Da erfolgreiche Attacken auf den Schwachpunkt einen zusätzliche Zug im rundenbasierten Kampfsystem gewährt, kann das maßgeblich für den Erfolg im Kampf sein. Außerdem können Gegner auf diese Weise in die Ecke gedrängt werden. Gelingt das, könnt ihr entweder eine mächtige Attacke ausführen oder mit den Gegnern reden. Fordert für ihr Leben Geld oder Items. Alternativ könnt ihr sie auch dazu bringen, sich euch als Persona anzuschließen. Das gelingt aber nur, wenn ihr zwei, von der Persönlichkeit des Gegners abhängige Fragen, korrekt beantworten könnt.
Im aus der Reihe bekannten und auch wieder in die Geschichte eingeflochtenen Velvet Room könnt ihr Personas fusionieren. Das stellt die beste und schnellste Möglichkeit dar, um sie aufzuleveln, da sie trotz erlangter Erfahrungspunkte deutlicher länger für Levelaufstiege brauchen als eure Gruppenmitglieder. Fusionieren sollte aber mit Bedacht genutzt werden, da nur eine begrenzte Zahl an Fähigkeiten vererbt werden können. Außerdem profitieren die aus der Fusion entstehenden Personas vom Level der passenden Beziehungen durch Bonus-Erfahrung. Zusätzlich könnt ihr in den Palästen gefundene Schätze verkaufen und im detailverliebt und vollgepackten Tokio zahlreiche Ausrüstungs-, Heil- oder sonstige Gegenstände, die teilweise lediglich für euer alltägliches Leben gebraucht werden, kaufen.
Optisch zeigt sich Persona 5 vielleicht nicht auf dem höchsten Stand der Technik, doch dafür brilliert das Rollenspiel beim Artstyle. Egal ob Paläste, Charaktere, Gegner oder das belebte Tokio. An allen Ecken und Enden ist Persona 5 anzumerken mit welcher Gewissenhaftigkeit die Entwickler das Spiel entworfen haben. Maßgeblich trägt dazu auch die an Comics erinnernde Benutzeroberfläche, die mit zum Schönsten gehört, was ich jemals in diesem Bereich gesehen habe, bei. Ergänzt wird die erstklassige Atmosphäre vom jazzig-funkigen Soundtrack von Komponist Shoji Meguro, der einfach hervorragend zum Spiel, der Diebes-Thematik und dem normalen Schulalltag passt. Ein wahrer Hochgenuss für die Ohren. Vergleichbares gilt auch für die sehr gute Sprachausgabe, die in sämtlichen Bereichen überzeugen kann. Bedauerlich ist allerdings, dass wie bei fast allen Atlus-Spielen, erneut nur englische Texte geboten werden. Trotzdem sollten alle Anhänger japanischer Rollenspiele Persona 5 eine Chance geben. Ihr werdet es nicht bereuen!
Fazit
Persona 5 ist ein Meisterwerk. So einfach lässt sich der neuste Ableger der Reihe zusammenfassen. Als Serien-Neuling, war das Erlebnis des normalen Alltags gemeinsam mit dem Erkunden der einfallsreichen Dungeons etwas völlig Neues, obwohl ich bereits wusste, in welche Richtung Persona 5 geht. Es ist aber nicht nur die Mischung aus Realität und mythischer Fantasy, die aus dem neuen Atlus-Werk ein solch brillantes Rollenspiel machen. Alle Elemente greifen nahtlos ineinander über und beeinflussen sich gegenseitig. Freundschaften schließen und pflegen. Personas fusionieren. Dungeons infiltrieren. All das spielt sich fantastisch und häufig erinnert Persona 5 an einen spielbaren Anime – im positiven Sinne. Zu verdanken ist das auch der fesselnden, emotionalen und düsteren Geschichte, die nicht davor scheut heikle und ernste Thematiken anzusprechen und zu verwenden. Das wiederum beeinflusst maßgeblich das ausgezeichnete Design der Paläste. Gleichzeitig wird trotzdem auf einfache Schwarz-Weiß-Malerei verzichtet. Großartig. Dass auch noch das komplexe Kampfsystem funktioniert und gut-geschriebene Charaktere geboten werden, rundet das Spielerlebnis ab. Für mich ist Persona 5 damit eines der besten japanischen Rollenspielen der vergangenen Jahre, das sich kein Genre-Fan entgehen lassen sollte!
Kurzfazit: Persona 5 ist ein JRPG-Meisterwerk, das mit einfallsreichen Dungeons, einem tiefgründigen Kampfsystem sowie gutgeschriebenen Charakteren und einer spannenden Geschichte mit Diebes-Thematik den Sprung an die Spitze des Genres schafft.
Vielen Dank an Koch Media für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Persona 5!
Details
Titel: Persona 5
Genre: Rollenspiel
Publisher: Deep Silver
Entwickler: Atlus
Spieler: 1
Syteme: PlayStation 4 (getestet), PlayStation 3
Altersfreigabe: ab 16
Erscheinungsdatum: 04. April 2017
Bilder Copyright Atlus / Deep Silver