Rezension: Resident Evil 7: Biohazard (Xbox One)

Capcom kehrt in Resident Evil 7: Biohazard zu den Wurzeln der Reihe zurück und lässt euch Survival-Horror aus der Ego-Perspektive erleben.

In den letzten Jahren hat sich Resident Evil nicht nur von den Ursprüngen, sondern auch von den Vorstellungen der Spieler und Fans entfernt. Der klassische Survival-Horror ist einer actionlastigeren Ausrichtung gewichen. Die Ergebnisse waren Spiele wie das an Shooter erinnernde Resident Evil 6 oder Spin-offs wie Resident Evil: Operation Raccoon City. Bereits mit den beiden Revelations-Teilen näherte sich Capcom wieder ein wenig dem Ursprung an, blieb aber dem modernen Weg verhaftet. Um so überraschender war die Ankündigung des siebten Hauptspiels auf der E3 2016. Wieder Survival-Horror in einem alten Herrenhaus. Dieses Mal allerdings aus der Ego-Perspektive und mit einer schaurig-verrückten Familie als Gegenspieler. So lobenswert der Sinneswandel bei Capcom war, so große Zweifel entstanden auch. Nicht bezüglich des gezeigten Gameplays, sondern die Baker-Familie betreffend. Bewegten sich die Entwickler zu nah an bekannten Horror-Filmen und -Spielen oder würde es gelingen trotz der Neuausrichtung dem Kern von Resident Evil treu zu bleiben?

Beklemmender Horror

Gleich Vorweg die Antwort: Ja, Resident Evil 7 ist ein waschechter Serienteil und ignoriert den Kanon der Reihe nicht. Doch beginnen wir von vorne. Die Geschichte des Survival-Horror-Spiels erzählt von Ethan Winters, der drei Jahre nach dem Verschwinden seiner Frau eine Botschaft von dieser erhalten hat. Anscheinend ist Mia in der fiktiven Stadt Dulvey im südlichen US-Bundesstaat Louisiana auf dem Anwesen der Familie Baker. Sofort bricht Ethan auf, um sie zurück zu holen. Hier steigt ihr auch schon ein und übernehmt die Kontrolle über den Protagonisten, dessen Handlungsweisen nicht immer nachvollziehbar wirken und der das gesamte Spiel über ein wenig blass bleibt. Leider wirken ein paar Situationen – darunter der Anfang – leicht konstruiert. Ethans Verhalten ist schlicht nicht logisch. Weshalb verständigt er nicht die Polizei, sondern ruft nur einen Freund an? Warum fährt er alleine zum angeblichen Aufenthaltsort seiner Frau? Wieso kämpft er sich durch ein Dickicht, kriecht unter einem alten Zaun durch und ignoriert offensichtliche Hinweise auf einen gefährlichen Ort, statt Hilfe zu holen?

Sicherlich stören diese Faktoren viele Spieler nicht, da die Vorgehensweise von Ethan die Grundlage für das Horror-Erlebnis bietet. Doch hier hätten sich auch andere Möglichkeiten angeboten. Wirklich schwerwiegend fällt das nicht nachvollziehbare Verhalten Ethans jedoch nicht auf. Das liegt zu einem großen Teil an der grandiosen Horror-Atmosphäre, die von der ersten Sekunde an ein beklemmendes Gefühl verursacht, das sich noch im Prolog immer weiter steigert. Irgendwann setzt ein dauerhaftes Gefühl der Paranoia ein. Schließlich kann sich hinter jeder Tür, hinter jeder Ecke, ein Mitglied der verrückten Baker-Familie oder eines der wunderbar ekligen Molded-Monster verbergen. Unterstützt wird die packende Grundstimmung, die für eine niemals nachlassende Anspannung sorgt, von den hervorragenden Sound- und Grafikeffekten. Überall knarrt es, jedes noch so kleine Geräuch erregt die Aufmerksamkeit und sorgt im Zweifelsfall für panisches Umsehen. Ist der Raum auch wirklich sicher? Wurde etwas übersehen? Grandios.

Die neue Ego-Perspektive trägt ihren Teil dazu bei. Durch das Erleben der Ereignisse aus Ethans Sicht fühlt sich der Horror präsenter und greifbarer an, wodurch selbst kleine Gruselmomente ihre volle Wirkung entfalten können. So erinnert etwa das Öffnen der Türen, das komplett ohne Ladezeiten daher kommt, an die entsprechenden Sequenzen aus dem Serienerstling. Langsam und nur einen Spalt öffnen sich die Türen und anschließend ist es möglich in den Raum hineinzusehen und die Tür weiter aufzudrücken. Dabei kommen perfide Schatteneffekte zum Einsatz, die dafür sorgen, dass an vielen Stellen im Spiel erst nur grob zu erkennen ist, was im nächsten Raum verborgen liegt. Gemeinsam mit dem stets vorhandenen Gefühl, die Bakers könnten irgendwo lauern, ist ein kurzes Zögern, keine Seltenheit.

Altbekannte Neuausrichtung

Für viele Resident-Evil-Fans ist die Frage, ob der siebte Teil neben Verbindungen zum Kanon, die erst im letzten Viertel des Spiels aufkommen, aber interessante Möglichkeiten für die Reihe bieten, auch spielerisch trotz wichtiger und richtiger Modernisierungen der Reihe treu bleibt. Wie bereits am Tür-öffnen-Beispiel deutlich gemacht, ist das der Fall. Das erste Resident Evil war eine erklärte Inspirationsquelle für die Entwickler und das ist an manchen Stellen überdeutlich zu merken. Es fängt schon beim verwinkelten, riesigen Herrenhaus der Bakers an. Das gesamte Gebiet von Resident Evil 7 umfasst mehrere Gebäude und das dazwischen liegende Gelände. Dieses kann nahtlos und ohne Ladezeiten erkundet werden. Selbstverständlich sofern die richtigen Voraussetzungen gegeben sind. Wie von den klassischen Teilen der Reihe bekannt gilt es Rätsel zu lösen und Schlüssel zu finden, um in neue Räume und Bereiche zu gelangen und damit im Spiel fortzuschreiten. Das weckt nostalgische Erinnerungen und ist gleichzeitig angenehm modern umgesetzt worden.

Doch dabei bleibt es nicht an klassischen Elementen. Wie schon in der Anfangszeit der Reihe fällt das Inventar geradezu winzig aus, wodurch genaues Planen absolut notwendig ist. Ein wenig Hilfe bieten die in sicheren Räumen platzierten Lagerungskisten in denen nicht benötigte Gegenstände abgelegt und an jeder anderen dieser Truhen wieder abgeholt werden können. In diesen Räumen findet sich auch direkt eine Speichermöglichkeit, die im Gegensatz zum Ursprung der Reihe durch einen Kassettenrekorder und nicht mehr einer Schreibmaschine dargestellt wird. Auf das früher zum Speichern benötigte Farbband haben die Entwickler glücklicherweise verzichtet. Schließlich sind nicht alle Gameplayelemente vergangener Spiele auch heute noch komfortabel.

Dem entsprechend kann Ethan sich auch beim Schießen bewegen. Eine Kampfmaschine wie einige seiner Vorgänger ist der Protagonist aber nicht. Stattdessen handelt es sich bei ihm um einen vollkommen normalen Menschen, wodurch es zumindest manchmal etwas seltsam anmutet, dass er das Grauen so gut übersteht. Jedenfalls, wenn man es so betrachten möchte. In Mitleidenschaft gezogen wird Ethan definitiv, wie sich bereits früh im Spiel zeigt. Allerdings passt der eher einfache Protagonist gut zu Resident Evil 7. Schließlich wartet das Spiel auch nicht mit der militärischen Bewaffnung eines ganzen Landes auf. Stattdessen sind Munition und Heiltränke selten und müssen sinnvoll eingesetzt werden. Jeder verfehlte Schuss schmerzt daher. Besonders weil die KI wirklich gelungen ist. Die Familie Baker agiert dynamisch und passt sich unserem eigenen Verhalten an. Lediglich bei dem Moldred lässt sich Agieren nach einem vorgegebenen Schema erkennen. Störend fällt das jedoch nicht auf. Dafür sind die Treffen mit den schleimig-schimmligen Wesen zu nervenaufreibend und stellen genauso eine Herausforderung dar wie die Bosskämpfe. Das Survival-Horror-Erlebnis wird so beinah perfekt abgerundet und beweist wie gut die Neuausrichtung der Resident-Evil-Reihe gelungen ist.

Fazit

Als klassischer Horror-Spieler würde ich mich niemals bezeichnen. Dafür habe ich zu schnell schiss und traue mich kaum weiterzuspielen. So ging es mir schon bei vielen Spielen und Resident Evil 7 steht dem in nichts nach. Dank der erstklassig eingesetzten Sound- und Schatteneffekte gelingt es eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen, durch die ich immer das Gefühl hatte, hinter der nächsten Ecke lauert ein Mitglied der Baker-Familie. Dennoch wollte ich wissen wie es weiter geht und die Geschichte erleben. Sicherlich ist Ethan etwas blass und handelt nicht immer nachvollziehbar, doch sind es zahlreiche andere Elemente, die vor den Fernseher fesseln und Resident Evil 7 so faszinierend machen. Die kleineren Schwächen bei der Grafik (Stichwort: nachladende Texturen), das Träge Zielen mit der Waffe und Ethans allgemein langsame Art sich zu bewegen, trüben den hervorragenden Gesamteindruck nur bedingt. Serien-Fans und Genre-Anhänger dürften glücklich sein über Capcoms Rückkehr zu den Wurzeln von Resident Evil.

Kurzfazit: Resident Evil 7 stellt die Rückkehr des einstigen Genre-Primus an die Spitze des Survival-Horrors dar und fasziniert mit Paranoia weckender Atmosphäre und einem packenden Horror-Erlebnis, das die kleineren Schwächen wett macht.

Vielen Dank an Capcom für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Resident Evil 7: Biohazard!

Details
Titel: Resident Evil 7: Biohazard
Genre: Survival-Horror
Publisher: Capcom
Entwickler: Capcom
Spieler: 1
Syteme: Xbox One (getestet), PlayStation 4, PC
Altersfreigabe: ab 18
Erscheinungsdatum: 24. Januar 2017

Bilder Copyright Capcom