Rezension: Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll – Vol. 1 (Blu-ray)
Ende Juli hat peppermint anime Volume 1 der Drama-Serie Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll auf Blu-ray veröffentlicht.
Kousei Arima ist ein begnadeter Pianist. Der Mittelschüler hat als Kind zahlreiche Wettbewerbe gewonnen. Angeleitet von seiner strengen und ambitionierten Mutter wurde er zu einem Star in der Welt der klassischen Musik. Doch als seine Mutter und Mentorin nach langer Krankheit starb, ist Kouseis Welt zusammengebrochen und er hat seinen Halt verloren. Seit dem ist es ihm nicht mehr möglich die Klaviertöne seines eigenen Spiels zu hören und sein Alltag ist von Tristesse bestimmt. Auch seine Freunde Tsubaki und Ryouta können ihm nicht helfen. Erst die Begegnung mit Tsubakis Klassenkameradin Kaori sorgt für eine Veränderung. Begeistert vom Geigenspiel des fröhlichen Mädchens, wird Kousei plötzlich wieder hineingezogen in die Welt der Musik.
Faszination
Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll basiert auf einer Manga-Reihe von Naoshi Arakawa und wurde vom Studio A-1 Pictures unter der Regie von Kyōhei Ishiguro umgesetzt. Die 22 Episoden umfassende Serie erzählt eine traurige Geschichte rund um Musik und Romantik, wird dabei aber gekonnt von komödiantischen Einlagen aufgelockert. Im Mittelpunkt der Coming-of-Age-/Slice-of-Life-Handlung stehen die Mittelschüler Kousei Arima und Kaori Miyazono, die beide an ihren Instrumenten begnadetes Talent beweisen. Allerdings hat ein schwerer Schicksalsschlag dazu geführt, dass Kousei versucht sich von der Musik abzuwenden. Seit dem Tod seiner Mutter ist es dem 14-jährigen nur noch anfangs möglich die Töne seines eigenen Klavierspiels zu hören. Konzentriert er sich zu sehr, verschwinden diese und Panik sowie Unsicherheit ergreifen Besitz von ihm.
Es ist die – in Bildern und Tönen hervorragend umgesetzte – Begegnung mit Kaori, die Kouseis Leben auf den Kopf stellt. Schnell fühlt er sich zu dem blonden Mädchen hingezogen und empfindet große Bewunderung für die Art wie sie sich ihrem Geigenspiel widmet. Während Kousei stets den Noten folgt und von seiner Mutter auf harte Weise darauf getrimmt wurde dem Komponisten zu entsprechen, interpretiert Kaori die Stücke freier und zeigt passend zu ihrem fröhlichen, freigeistigen Charakter eine faszinierende und mitreißende Liebe zur Musik, die sich spürbar auf ihr Geigenspiel auswirkt. Diese Umsetzung der Thematik Klassik gehört zu den größten Stärken von Shigatsu Wa Kimi no Uso. Der erste Auftritt von Kaori begeistert und schafft es eine ungeahnte Faszination zu erwecken, die sowohl von den Klängen der Musik als auch den Bildern getragen und perfekt umgesetzt wird. Es ist nur allzu verständlich, dass Kousei sich von Kaoris Art der Musik beeinflussen lässt.
Liebe und Freundschaft
Trotzdem wehrt er sich dagegen zu spielen. Sein Trauma ist immer wieder ersichtlich. Sei es durch Rückblicke auf seine Mutter oder die plötzliche Stockung beim Klavierspielen. Auch farblich wird der Blick von Kousei auf die Welt durch mattere Farben und schwarz-weiß Töne hervorragend umgesetzt. Letzteres funktioniert besonders deshalb so gut, weil die Serie sonst in prachtvollen Farben erstrahlt. Kaoris Einfluss auf Kousei ist nicht immer freiwillig, zumindest aus der Sicht des ehemaligen Nachwuchspianisten. Allerdings wird durch sein Verhalten – Kousei spielt unweigerlich mit den Fingern, wenn er Musik hört oder setzt sein musikalisches Talent für einen kleinen Nebenjob ein – deutlich, wie viel ihm die Musik bedeutet. Um so logischer ist es, dass Kaori – unter Mithilfe von Kouseis Freunden Tsubaki und Ryouta – doch gelingt ihn zum Spielen zu bringen. Auch wenn der Pianist noch immer Schwierigkeiten hat und sich versucht zu wehren, ist in den ersten sechs Episoden bereits eine anfängliche Wandlung zu erkennen.
Allerdings konzentriert sich Shigatsu Wa Kimi No Uso nicht ausschließlich auf die Musik und das Spiel von Kousei und Kaori. Mindestens genauso wichtig sind die zwischenmenschlichen Beziehungen der Hauptfiguren. Neben Kousei und Kaori sind das Tsubaki und Ryouta. Andere Charaktere werden nur am Rande eingesetzt und bleiben vorerst eher blass. Lediglich Kouseis Mutter nimmt eine zentrale Rolle ein. Wichtig für die Handlung ist, dass sich Kousei zwar zu Kaori hingezogen wird, aber nicht deutlich ist, wie Kaori genau ihre Verbindung zu dem jungen Pianisten sieht. Das erste Treffen der beiden findet durch Tsubaki statt, die für ihre Klassenkameradin eigentlich eine Begegnung mit Ryouta organisiert hat und Kousei bittet, sie zu begleiten. Letztlich ist es auch der Frauenheld Ryouta, zu dem Kaori sich scheinbar hingezogen fühlt. Leider wird das Liebesviereck durch Tsubaki ergänzt, da diese entgegen anfänglicher Andeutungen, die etwas anderes erhoffen lassen, möglicherweise doch tiefere Gefühle für ihren Sandkastenfreund Kousei hegt, als wünschenswert wäre. Es ist ein im Genre übliches Klischee, dass die Kindheitsfreundin sich irgendwann in den Protagonisten verliebt, während dieser mehr Interesse an der neuen Bekanntschaft zeigt. Es bleibt zu hoffen, dass Shigatsu Wa Kimi No Uso hierbei die Kurve kriegt und nicht zu sehr in die stereotypischen Handlungselemente abdriftet. Wirklich negativ fällt das angesichts der begeisternden Geschichte aber nicht auf. Trotz klischeehaftem Element sticht die Handlung heraus und versteht es zu begeistern.
Zusammenspiel
Das verdankt die Serie zu einem großen Teil den sympathischen Charakteren. Egal ob Kousei, Kaori, Tsubaki oder Ryouta, alle vier wichtigen Figuren verfügen über ihre ganz eigene Persönlichkeit und wissen zu überzeugen. Man schließt die kleine Clique schnell ins Herz, freut, bangt oder trauert mit ihnen. Schon in den ersten Episoden schaffen sie es, dass man an ihrem Schicksal teilhaben und mehr über sie erfahren möchte. Das gelingt nur wenigen Serien so gut wie Shigatsu Wa Kimi No Uso. Deshalb stören weder stereotypische Charaktereigenschaften noch etwas oberflächlich gehaltene Persönlichkeiten nicht. Zumal wirklich jede der vier wichtigen Figuren Potenzial für interessante Entwicklungen zeigt. Etwas bedauerlich ist der schwache Einsatz von Nebencharaktere. Zwar gibt es wiederkehrende Figuren, die auch eine gewisse Relevanz haben, doch bleiben sie weitgehend blass und erfüllen lediglich ihren Zweck. Hoffnung weckt hierbei allerdings das Ende der sechsten Episode, das zwei neue Charaktere mit interessantem Hintergrund einführt.
Wie bereits erwähnt ist der Einsatz der Musik hervorragend. Egal ob während der Auftritte von Kaori oder im Verlauf der Serie, der Einsatz des Soundtracks von Masaru Yokoyama sowie der klassischen Musik ist exzellent. Auch das Zusammenspiel von Ton und Bild versteht es im Laufe der sechs Episoden immer wieder zu begeistern – besonders beim Intro, das Gänsehaut-Potenzial hat. Die flüssigen, hochwertigen Animationen tragen einiges dazu bei, während der farbenfrohe Stil samt dem gelungenen Charakterdesign perfekt zur Serie passt. Bild-Ton-technisch herausragend! Als Bonus liegt zudem eine Soundtrack-CD sowie ein Notenblatt von Beethovens Sonate No. 14 Op- 27 No. 2, die Kaori in der Serie spielt, bei.
Fazit
Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll schafft es bereits mit den ersten sechs Episoden zu begeistern. Die mitreißende Geschichte um Musik, Liebe und Freundschaft ist gut erzählt und wird hervorragend von den liebenswerten Charakteren, die man schnell ins Herz schließt, getragen. Dadurch fallen die kleineren Schwächen wie etwas blasse Nebenfiguren, noch nicht ganz ausgearbeitete Protagonisten oder kleinere Klischees kaum auf. Viel zu sehr schafft es die Serie in den ersten sechs Folgen mitzureißen – und das ohne große Action oder stets überdramatische Wendungen. Manchmal sind es die einfachen, ruhigen Momente, die am meisten Eindruck machen. Nahezu perfekte Unterstützung leisten dabei sowohl Musik als auch Bild und das gelungene Zusammenspiel beider. Hält die Serie die gezeigte Qualität, dann gehört Shigatsu Wa Kimi No Uso nicht nur zu den besten Slice-of-Life-/Coming-of-Age-Serien, die ich bisher gesehen habe, sondern definitiv auch zu den besten Anime-Veröffentlichungen des Jahres.
Kurzfazit: Begeisternder Auftakt einer Drama-Serie rund um Musik mit sympathischen Charakteren, die schnell ins Herz geschlossen sind.
Details
Titel: Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll – Vol. 1
Genre: Drama, Coming of Age, Slice of Life
Regie: Kyōhei Ishiguro
Studio: A-1 Pictures
Produktionsjahr: 2014
Laufzeit: ca. 138 Minuten
Sprachen: Deutsch, Japanisch (DTS-HD Master 2.0)
Untertitel: Deutsch
Bonus: Soundtrack, Notenblatt
Herkunftsland: Japan
Altersfreigabe: ab 6
Erscheinungstermin: 29. Juli 2016
Herstellerseite: Shigatsu Wa Kimi No Uso – Sekunden in Moll bei peppermint anime
Bilder Copyright A-1 Pictures. / peppermint anime