Rezension: Tomb Raider (PS3)

tomb-raider-coverMit der Übernahme von Eidos durch Square Enix wechselten einige bekannte Marken ebenfalls in das Haus des Final Fantasy-Entwicklers und -Publishers. Während Deus Ex und Hitman bereits neue Teile unter Square Enix erhalten haben, folgte im März nun auch eine der wohl größten Videospielikonen der 90er und frühen 2000er Jahre: Lara Croft.

Dabei haben sich die Entwickler von Crystal Dynamics dazu entschlossen dem seit einigen Jahren herrschenden Trend zu folgen und einen Reboot der Tomb Raider-Reihe in Angriff zu nehmen. Größtes Merkmal dieses Neustarts ist wohl die Neuausrichtung und Gestaltung der Heldin selbst und die Konzentration auf eine glaubhafte Entwicklung der Figur Lara Croft. Wirkte die Grabräuberin in den alten Teilen oft wie eine knallharte Schönheitskönigin mit großem Vorbau, so ist die neue Lara so ziemlich das Gegenteil davon. Zwar ist auch die junge Version ganz klar mit einem hübschen Gesicht und Körper versehen worden, doch wirkt sie äußerlich nun wesentlich glaubhafter als zuvor. Die neue Lara Croft wirkt menschlicher. Dies verdankt sie aber nicht nur einem angepassten – und meiner persönlichen Meinung nach – wesentlich ansehnlicherem Äußeren, sondern ganz klar auch ihrer neuen Persönlichkeit.

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Die neue Lara Croft ist nicht nur jünger, sondern wirkt auch menschlicher.

Um den Reboot-Gedanken vollkommen zu Ende zu bringen, erzählen die Entwickler das allererste große Abenteuer von Lara Croft. Die junge Frau ist mit ihren Anfang 20 also noch vollkommen unerfahren was große archäologische Unternehmungen und dergleichen angeht und so überfordern sie gewisse Ereignisse auch und genau das wird auch glaubhaft dargestellt. Gerade Szenen wie jene, in der sie erstmals ein Tier tötet, weil sie Essen braucht und sich entsprechend unwohl fühlt und sogar entschuldigt, sind wirklich gelungen. Leider sind die Entwickler dabei aber nicht völlig konsequent. Gerade im späteren Spielverlauf wirken Spielabschnitte und Zwischensequenzen teilweise nicht mehr so, als würden sie zusammenpassen, weil ihr selbst, wenn ihr die Kontrolle über Miss Croft habt zahlreiche Gegner einfach so mit euren Pistolen, Gewehren und dergleichen beseitigt. Läuft aber eine Zwischensequenz ab, dann hat Lara schonmal Probleme auch nur einer einzigen Person zu schaden oder macht dies nur mit sichtlichem Unwillen. Genauso kommt sie in solchen Situationen gegen wesentlich weniger Gegner an, während ihr als Spieler gefühlten Hunderschaften entgegen tretet. Natürlich hängt das alles auch mit dem Spielfluss und dem Spielspaß zusammen, dennoch hätten die Entwickler hier einen anderen Weg finden können. Zum Beispiel die – gerade zum Ende hin – recht häufigen Kämpfe als deutlich kleineres Elemente ins Spiel einbauen und dafür verstärkt auf Charakterzeichnung und Rätseleinlagen setzen können. Denn gerade Letztere sind leider viel zu kurz gekommen, wodurch ein ordentlicher Teil des alten Tomb Raider-Gefühls teilweise verloren geht – wenn auch meiner Meinung nach nicht völlig. Die viel zu kurzen, optionalen Gräber können das nicht auffangen.

Ihr merkt sicher schon, Tomb Raider hat mir zwar gefallen, aber völlig zufrieden bin ich nicht. Das liegt in erster Linie daran, dass sich das Action-Adventure für mich etwas zu stark an der Uncharted-Trilogie von Naughty Dog orientiert. Zwar haben mich die Abenteuer von Nathan Drake ausgesprochen gut unterhalten, aber bei Tomb Raider hatte ich mir – zumindest teilweise – etwas anderes erhofft. Das Elemente von Uncharted enthalten sein würden, haben bereits die Trailer gezeigt und an sich stört es mich nicht. Aber wie gesagt habe ich gehofft, dass die Entwickler sich doch etwas mehr auf Rätsel und Charakterentwicklung konzentrieren und das Spiel so eigenständiger machen. Hier wurde definitiv Potenzial verschenkt. Mir hätte es zum Beispiel ausgesprochen gut gefallen, wenn die Gegnerzahl deutlich geringer ausgefallen wäre, die Kämpfe dafür aber etwas härter. Gleichzeitig hätte dadurch die Entwicklung von Lara besser dargestellt werden können. Auch wenn mir gerade letzteres trotzallem wirklich gut gefallen hat und meiner Meinung nach gehört gerade die Konzentration auf die Persönlichkeit der Heldin mit zu den größten Stärken des Spiels.

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Die Schießereien und Action-Abschnitte sind gerade in der zweiten Hälfte des Spiels Hauptbestandteil.

Das verdankt Tomb Raider sicherlich zu einem gewissen Teil der Autorin der Geschichte, Rhianna Pratchett. Bereits in der Vergangenheit schrieb die Engländerin mehrere Spiele, darunter unter anderem Mirror’s Edge, die Overlord-Spiele oder Prince of Persia (2008). Auf jeden Fall ist es ihr gelungen dem Charakter Lara Croft – gemeinsam mit den Entwicklern von Crystal Dynamics – eine gute Neuausrichtung zu geben, die sehr großes Potenzial hat, das hoffentlich in einem Nachfolger fortgeführt wird. Dann kann sich Lara vielleicht auch bereits stärker wieder in die Richtung ihres alten Ichs bewegen, allerdings mit einigen Aspekten des Reboots. Schön wäre es zumindest.

Doch wenn ich schon bei der Geschichte bin. Bisher habe ich mich nicht dazu geäußert und das möchte ich nun nachholen. Lara Croft befindet sich als Mitglied einer Expedition an Bord des Schiffes Endurance. Das Ziel ist es die sagenumwobene Insel Yamatai zu finden. Allerdings gerät das Schiff in einen schweren Sturm und sinkt. Dabei wird Lara an den Strand gespült und von jemand Unbekanntem niedergeschlagen. Sie erwacht kopfüber hängend in einer Höhle, offenbar gefangen genommen von den mysteriösen Bewohnern der Insel. Nun ist es an Lara sich zu befreien, ihre Begleiter und Freunde zu finden und einen Weg von der Insel zu finden. Dass sich ihr dabei einige Hindernisse und auch Mysterien in den Weg stellen dürfte klar sein.

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Lara hat ihren Mentor und Kapitän der Endurance Conrad Roth gefunden.

Auf technischer Seite kann Tomb Raider übrigens völlig überzeugen. Die Grafik ist wirklich gut geworden, die Charaktermodelle und Umgebungen sind hübsch und detailliert gestaltet. Ähnliches lässt sich über Sound- und Musikuntermalung sagen. Meiner Meinung nach können auch die deutschen Sprecher weitgehend überzeugen. Höchstens bei der ein oder anderen Nebenfigur passt die Stimme nicht völlig oder die Betonung ist etwas misslungen. Alles in allem bewegt sich die Vertonung aber auf einem hohen Niveau, auch wenn sie nicht an die Englische heranreicht. Das gilt übrigens auch für die, von Fans gerade im Vorfeld gerne negativ kritisierte, Nora Tschirner als Lara Croft.

Fazit

Mir persönlich hat Tomb Raider wirklich gut gefallen und ich finde die Neuausrichtung der Reihe hat für frischen Wind gesorgt. Gerade was Lara Croft selbst angeht. In Sachen Spielablauf hätten die Entwickler von Crystal Dynamics vielleicht etwas weniger auf Action und dafür mehr auf Rätsel und Charakterentwicklung setzen sollen. Alles in allem spielt sich das Action-Adventure aber wirklich gut und weiß über die gesamte Spielzeit wirklich gut zu unterhalten – etwas was nicht jedes Spiel von sich behaupten kann. Ich hoffe, dass Square Enix und Crystal Dynamics nun der neuen Lara Croft treu bleiben und ihr ein weiteres Abenteuer spendieren. Es wäre wirklich interessant zu sehen wie es weitergeht.

Den Mehrspieler-Modus habe ich übrigens bisher nicht gespielt, weshalb ich mich auch nicht dazu geäußert habe. Ich wollte aber zumindest kurz erwähnt haben, dass es einen solchen gibt.

8,5 von 10 Punkten
„Ausgezeichnet“

Details
Titel: Tomb Raider
Genre: Action-Adventure
Entwickler: Crystal Dynamics
Publisher/Vertrieb: Square Enix
Syteme: PS3, Xbox 360, PC
Preis: 59,95 € (UVP)
Erscheinungsdatum: 05. März 2013

Text Copyright 2013 Alexander Geisler
Bilder Copyright Square Enix